Europäische Aktienindizes mit Rückenwind aus China

Neuer Rekordstand beim DAX getrieben durch eine entschlossen auftretende US-Notenbank, Maßnahmen zur Stützung der chinesischen Konjunktur und positiven Meldungen aus dem US-Tech-Sektor.
 

Die europäischen Aktienindizes konnten zuletzt deutliche Kursgewinne verzeichnen. Rund vier Prozent ging es für den DAX und den Euro Stoxx seit Anfang September bergauf. Der deutsche Leitindex verzeichnete mit einem Verlaufshoch von knapp 19.200 Punkten sogar einen neuen Rekordstand.

 

Getrieben wurde die Stimmungsaufhellung von mehreren Faktoren. Die Grundlage für die positive Entwicklung hat die US-Notenbank mit ihrer Leitzinssenkung um 50 Basispunkte im Rahmen ihrer Sitzung Mitte September gelegt. Rezessionssorgen rückten damit in den Hintergrund, insbesondere da mehrere US-Währungshüter in den vergangenen Tagen mit Äußerungen zugunsten weiterer deutlicher Zinssenkungen an die Mikrofone getreten sind. Offenbar traut das Gros der Anleger der US-Notenbank zu, eine unerwünscht deutliche Abschwächung des Wirtschaftswachstums durch eine signifikante Lockerung der geldpolitischen Zügel abwenden zu können und zu wollen.

 

Insbesondere aus europäischer und deutscher Perspektive sind die jüngsten Entwicklungen in China von Bedeutung. Offenbar hat die Staatsführung in Peking zunehmend Sorge, dass die schwache wirtschaftliche Entwicklung und die damit verbundene Unzufriedenheit in der Bevölkerung überhandnimmt. Insbesondere die schwierige Lage im Immobiliensektor lastet anhaltend auf dem privaten Konsum in China. Zu Beginn dieser Woche war es die Notenbank, die eine Senkung von Schlüsselzinssätzen und die Lockerung von Vorschriften für den Erwerb von Immobilien ankündigte. Zudem wurden Maßnahmen zur Stützung der Kapitalmärkte in die Wege geleitet. Die Regierung des Landes erwägt darüber hinaus, die Kapitalausstattung der größten staatlichen Banken zu erhöhen und Mindestreservesätze zu reduzieren, um die Kreditvergabe im Land anzukurbeln. Auch von einer Erhöhung der Einkommen für Menschen mit niedrigen und mittleren Einkommen sowie staatlichen Einmalzahlungen für Benachteiligte noch vor dem Nationalfeiertag Anfang Oktober ist die Rede. Insbesondere europäische Unternehmen mit umfangreichen Aktivitäten in China, darunter Luxusgüter- und Sportartikelhersteller sowie Automobilkonzerne, könnten hiervon profitieren.

 

Und noch ein weiterer Faktor hat den Aktienmärkten jüngst Auftrieb gegeben. So haben positive Nachrichten aus dem US-Tech-Sektor den Hoffnungen zugunsten eines anhaltenden Siegeszuges Künstlicher Intelligenz (mal wieder) einen Schub gegeben. Dabei legen die Meldungen nahe, dass die Nachfrage nach Hardware in diesem Bereich ungebrochen ist und sich auch im nächsten Jahr fortsetzen sollte. Die noch vor einigen Wochen vorherrschenden Sorgen, wonach die Erwartungen an KI und die unterstellten Gewinne für Unternehmen überzogen sein könnten, rückten daraufhin wieder in den Hintergrund.

 

Ausblick

Das Umfeld für die europäischen Aktienmärkte dürfte auch in den nächsten Monaten erfreulich bleiben. Zwar gestaltet sich die Konjunkturdynamik in Deutschland verhalten. Auf europäischer und globaler Ebene ist jedoch mit einer soliden Entwicklung zu rechnen. Die Zentralbanken sollten zudem ihre Zinssenkungen bis weit in das Jahr 2025 fortsetzen. Hinzu kommt, dass zwar die Gewinnschätzungen der Analysten für das laufende Jahr zuletzt nach unten revidiert wurden, die Einschätzungen für die beiden Folgejahre aber weiterhin signifikante Gewinnsteigerungen unterstellen. Um gut 10% dürften die in den Indizes vertretenen Unternehmen ihre Gewinne nach vorherrschender Meinung ausweiten können. Wenngleich die Wahl in den USA vorübergehend zu einer erhöhten Volatilität beitragen könnte, halten wir an unserer DAX-Prognose von 19.500 Punkten zum Jahresende und 20.000 Punkten Mitte kommenden Jahres fest.

 

-- Sören Hettler