Ein goldener Winter steht bevor

Spekulanten brachten Gold unter Druck. Deutliche (Zins-) Überraschungen dürften ausbleiben. Sowohl Investoren als auch Spekulanten, die sich aktuell noch im überverkauften Terrain verstecken, sollten den Goldpreis wieder stützen. Wir sehen in den nächsten 12 Monaten einen stetigen Goldpreisanstieg auf 1.900 USD.

 

Im dritten Quartal 2022 haben sich wegen des Zinsanstiegs (anziehende Opportunitätskosten) und der USD-Stärke vor allem die global aufgestellten ETF-Anleger von Gold getrennt. Sie verkauften auf Quartalsebene etwa 227 Tonnen und damit so viel wie im zweiten Quartal 2013. Die Gold-Aficionados hingegen, die in Barren- und Münzen investieren, erhöhten ihre Nachfrage sogar um rund 351 Tonnen. Auf die sehr robuste, den ETF-Rückgang sogar überkompensierende, physische Anleger-Nachfrage reagierte der Goldpreis allerdings nicht – er fiel im selben Zeitraum um ca. 8%. Hinter dem Preisrückgang steckten überwiegend Spekulanten, die ihre Netto-Long-Position spürbar auf den Stand von Ende 2018 reduzierten. Im weiteren Jahresverlauf dürften sich aber sowohl die ETF-Anleger als auch die Spekulanten wieder zurückmelden, weil a) weniger Überraschungspotenzial für die zukünftige Zinsentwicklung bleibt, b) die geopolitischen Risiken sehr ausgeprägt sind, c) die Inflation zwar ein „pivoteskes“ Niveau erreicht haben dürfte, aber dennoch länger hoch bleiben wird als ehedem veranschlagt und d) die USD-Stärke nicht endlos ist.

 

China ist für die Schmucknachfrage sehr bedeutsam und rangiert hinter Indien auf Platz zwei der Top-Nachfrager. Da die Hoffnung besteht, dass Peking mittelfristig zumindest behutsam die Corona-Strategie lockert, wird sich die Entwicklung der Schmucknachfrage 2023 von ihrer positiven Seite zeigen. Bei den Zentralbanken kam es im dritten Quartal mit einer Explosion der Gold-Zukäufe (+400 Tonnen) zu einer handfesten Überraschung. Im bisherigen Jahresverlauf akkumulieren sich die Goldkäufe auf 673 Tonnen. Damit wird schon jetzt mehr Gold von den Notenbankern erworben als in jedem einzelnen Jahr seit 1967, dem Erscheinungsjahr der bekannten Goldmünze Krügerrand. Zu den größeren berichtenden Käufern gehören die Türkei, Usbekistan und Katar. Aber schätzungsweise 75% der kaufenden Währungshüter berichten nicht fortlaufend über ihre Aktivitäten. Der größte Anteil dürfte wohl auf China, Saudi-Arabien und Indien entfallen. Als Motiv wird oft die Reduktion der Abhängigkeit vom USD genannt.

 

Die kommenden Zinserhöhungen sind überwiegend eskomptiert. Deutliche (Zins-) Überraschungen dürften ausbleiben. Sowohl Investoren, die etwa 21% der gesamten Goldnachfrage ausmachen, als auch Spekulanten, die sich aktuell noch im überverkauften Terrain verstecken, sollten den Goldpreis wieder stützen. Sie können so zum Zünglein an der Goldpreiswaage werden. Wir sehen in den nächsten 12 Monaten einen stetigen Goldpreisanstieg auf 1.900 USD. Die kurzfristige Preisspitze, die wir bisher veranschlagten, ist wegen des starken Preisrückgangs unwahrscheinlicher geworden. Daher haben wir die 3-Monatsprognose auf 1.800 USD (zuvor: 2.000 USD) gesenkt. Unsere 6- und 12-Monatsprognose bestätigen wir hingegen.

-- Gabor Vogel


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