Gespaltene Regierung in den USA

In den Vereinigten Staaten zeichnet sich eine gespaltene Regierung ab. Die Regierungsarbeit für US-Präsident Biden dürfte nun deutlich schwieriger werden. Er ist auf Kompromisse angewiesen. 

 

In den Vereinigten Staaten werden zwar noch die Stimmen der Midterm-Wahlen ausgezählt, es zeichnet sich jedoch eine gespaltene Regierung ab. Laut Hochrechnungen werden die Republikaner die Mehrheit im Repräsentantenhaus zurückerobern, während das Rennen um den Senat knapper ist. Dem aktuellen Stand der Auszählung zufolge könnten die Demokraten in der Senatskammer ihre hauchdünne Mehrheit verteidigen. Insgesamt würde Biden mit dem Verlust des Repräsentantenhauses seine Mehrheit im Kongress verlieren.

 

In der Regel gelten die Midterm-Wahlen als ein Referendum über die Arbeit des US-Präsidenten. Dabei lagen die Zustimmungswerte in Umfragen für Biden nicht besonders gut. Insbesondere die hohe Inflation wird von den Amerikanern negativ bewertet. Als Fazit dieser Wahl kann dennoch festgehalten werden, dass die in den Umfragen teils prognostizierte „rote Welle“, also ein Erdrutschsieg der Republikaner, ausgeblieben ist. Der ehemalige Präsident Trump hatte sich im Wahlkampf stark engagiert und sieht die Midterm-Wahlen wohl auch als Stimmungstest für seine Person. Obwohl das Ergebnis ohne Zweifel nicht so ausgefallen ist, wie er es sich vorgestellt hat, hält Trump an seiner „großen Ankündigung“ am heutigen Abend fest. Wahrscheinlich wird er dabei seine Kandidatur für die Präsidentschaftswahl in zwei Jahren offiziell erklären.

 

Was bedeutet das Ergebnis der Zwischenwahl für die Arbeit des US-Präsidenten Biden? Wir hatten schon in verschiedenen Publikationen darauf hingewiesen, dass die Auswirkungen auf die Finanzmärkte zumindest mittel- bis langfristig begrenzt sein werden. Die aktuell lediglich moderaten Bewegungen an den Aktien- oder Rentenmärkten bestätigen diese Sicht. Die Regierungsarbeit des US-Präsidenten dürfte nun aber schwieriger werden. Er muss in den kommenden zwei Jahren verstärkt Kompromisse eingehen. Große Sozialausgaben sind daher nicht zu erwarten. Dabei ist aber anzumerken, dass Biden auch in der Vergangenheit keine freie Hand bei den fiskalpolitischen Plänen hatte, da er nur eine hauchdünne Mehrheit im Kongress besaß und Abweichler aus den eigenen Reihen ihm das Leben schwer gemacht haben. Damit dürften die Midterm-Wahlen kaum etwas an der schwierigen Regierungsarbeit ändern.

 

In den kommenden Wochen muss über die Schuldenobergrenze entschieden werden, denn der US-Kongress hat sich auf eine Ausgabeermächtigung nur bis Mitte Dezember geeinigt. Die Verhandlungen hierüber gestalten sich schon seit einigen Jahren sehr zäh. Da unabhängig von dem parteipolitischen Buch aber ein großes Interesse daran besteht, keinen Zahlungsausfall zu riskieren, wurde die Schuldenobergrenze – meist in allerletzter Minute – immer angehoben. Gelänge das nicht, wären die Folgen für die US-Wirtschaft fatal, da Regierungsbeamte in Zwangsurlaub geschickt werden müssten und Staatsanleihen eventuell nicht bezahlt würden. An den Finanzmärkten käme es im schlimmsten Fall zu Turbulenzen, während die US-Wirtschaft leidet. Auch wenn es nun bei einer gespaltenen Regierung wohl zu schwierigen Verhandlungen ums Geld kommen wird, dürfte der Super-Gau, die Zahlungsunfähigkeit und Nichtbedienung von US-Staatsanleihen, ausbleiben. Für eine solche Katastrophe würden schließlich auch die Republikaner nicht die Verantwortung tragen wollen.

 

-- Birgit Henseler


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