Goldschatz in China entdeckt – der Markt zuckt mit den Schultern
Ein riesiges Goldvorkommen wurde kürzlich im chinesischen Liaoning entdeckt. Der Fund entspricht zwar 40% der weltweiten jährlichen Minenproduktion. Angesichts einer robusten Nachfrage und eines sehr langsamen Ausbaus ist durch den Liaoning-Fund jedoch kein Preiseffekt zu erwarten.
China hat mit der Entdeckung eines außergewöhnlich großen Goldvorkommens in der Provinz Liaoning die Aufmerksamkeit der internationalen Rohstoffmärkte auf sich gezogen. Das Vorkommen beläuft sich auf rund 1.444 Tonnen Gold mit einem geschätzten Marktwert von rund 200 Mrd. US-Dollar. Es handelt sich dabei zwar um die größte Goldentdeckung seit Gründung der Volksrepublik im Jahr 1949.
Bei genauerem Hinsehen relativiert sich allerdings die Bedeutung des Fundes. Rund 216.000 Tonnen Gold wurden bisher insgesamt weltweit gefördert. Dieser Fund entspricht damit lediglich rund 0,7% des vorhandenen Gesamtangebots. Verglichen mit der globalen jährlichen Förderung von rund 3.500 Tonnen fällt der Fund zwar stärker ins Gewicht: Mit über 1.400 Tonnen erreicht er etwa 40% der weltweiten Minenproduktion. Dennoch ist aufgrund der technischen und genehmigungsbezogenen Vorlaufzeit nicht davon auszugehen, dass das Gold kurzfristig dem Markt zur Verfügung stehen wird. Vielmehr ist mit einer schrittweisen Förderung über Jahrzehnte zu rechnen.
Darüber hinaus bleibt fraglich, ob ein signifikanter Anteil des Goldes überhaupt den Weg an die internationalen Märkte finden wird. China dürfte, wie in der Vergangenheit, Teile der heimischen Förderung zur Deckung des nationalen Bedarfs verwenden. Der Zugriff auf ein Vorkommen dieses Ausmaßes erlaubt es der Regierung, ihre Goldreserven künftig unabhängiger von Importen weiter auszubauen. Die kontinuierliche Aufstockung physischer Goldbestände unterstreicht das Bestreben Pekings, Gold als politisch-strategisches Instrument zu etablieren.
Mit Blick auf den Goldpreis sind kurzfristig keine nennenswerten Auswirkungen zu erwarten. Der Fund mag ein bedeutendes Ereignis für Chinas Rohstoffstrategie sein, doch aus Perspektive der Angebots-Nachfrage-Dynamik handelt es sich nicht um einen Wendepunkt. Die moderate Angebotsausweitung dürfte sich sowohl in Umfang als auch Tempo über Jahre erstrecken. Dieses zusätzliche Volumen trifft zudem auf eine anhaltend robuste Nachfrage. Allein die jährlichen Nettokäufe der Zentralbanken lagen zuletzt bei rund 1.000 Tonnen – ein Wert, der nahezu dem neuen Vorkommen entspricht. Es ist daher davon auszugehen, dass eine schrittweise Erhöhung des Angebots vom Markt aufgenommen werden kann, ohne einen Preisrückgang auszulösen. Auch mittelfristig ist nicht mit strukturellen Preisverwerfungen zu rechnen.
-- Thomas Kulp

