Von Jahresendrally bislang keine Spur – geht da noch was?

Anzeichen von einer Jahresendrally sucht man derzeit vergebens. Sowohl das fundamentale Umfeld als auch die Historie sprechen gegen einen Schlussspurt beim DAX und Euro Stoxx 50. Sollte es dennoch dazu kommen, dürften zyklische Branchen die Nase vorne haben.
 

Die Bilanz des bisherigen Jahresverlaufs an den Aktienmärkten kann sich sehen lassen. Zwischen 15% und 20% ging es für S&P 500, Euro Stoxx 50 und DAX bergauf. Der genauere Blick auf den Kursverlauf verrät indes, dass die Dynamik bei den europäischen Indizes in den vergangenen Monaten zu wünschen übrigließ. So pendelt der DAX seit Mai um die Marke von 24.000 Punkten.

 

Eine Jahresendrally könnte die Erinnerung an die müden letzten Monate bei DAX und Euro Stoxx 50 sowie deren Investoren zwar verblassen lassen. Die Voraussetzungen für eine Jahresendrally standen aller­dings schon einmal besser. Dies liegt zum einen an der Kombination aus einer im historischen Vergleich ambitionierten Bewertung und einem herausfor­dern­den fundamentalen Umfeld. Auch das angespannte Verhältnis zwischen den USA und China bleibt ein Unruheherd. Und schlussendlich zeigen die vergangenen Tage, dass die Hoffnung auf einen Siegeszug Künstlicher Intelligenz immer wieder anfällig für Rücksetzer ist.

 

Zum anderen zeigt die Erfahrung der letzten Dekade, dass eine Rally zum Ab­schluss des Jahres keineswegs ausgemachte Sache ist. Dem DAX gelang zwar in fünf der vergangenen zehn Jahre von Anfang November aus gerechnet ein Kurs­plus von mindestens 3%. Allerdings ist mit 2024 nur ein Fall dabei, in dem diese Jah­resendrally von einer sehr guten Entwicklung in den vorangegangenen Monaten von plus 10% oder mehr begleitet wurde. Beim Euro Stoxx 50 sucht man einen solchen Fall in der vergangenen Dekade vergeblich. Vielmehr folgten bei DAX und Euro Stoxx 50 auf etwas mehr als zehn Monate mit sehr guter Entwicklung bis zum Jahresende im Durchschnitt moderate Kursverluste.

 

Einen Hoffnungsschimmer beim Blick auf die Historie liefert der S&P 500. Hier gab es drei Fälle mit sehr guter Performance bis Anfang November und Jahresendrally. Im Durchschnitt ging es nach robuster Entwicklung in den ersten zehn Monaten immerhin weitere 4% bis Ende Dezember bergauf. Rückenwind könnte zudem die US-Geldpolitik liefern, profitierte doch der S&P 500 in der Vergangenheit merklich und über längeren Zeitraum hinweg von US-Leitzinssenkungen, die außerhalb von Rezessionsphasen stattfanden. An den aktuell schwierigen fundamentalen Rahmenbedingungen ändert indes auch diese historische Erfahrung nichts.

 

Sollte es dennoch zu einer Jahresendrally kommen, dürften unseres Erachtens ausgewählte zyklische Branchen die Nase vorn haben. Zu nennen sind in diesem Zusammenhang aus europäischer und deutscher Sicht vor allem der Finanz- und der Industriesektor. Im DAX tragen bislang sieben Unternehmen aus diesen Bereichen rund 85% der Aufwärtsbewegung seit Jahresbeginn bei. Der Technologiebereich wäre voraussichtlich ebenfalls Bestandteil einer Jahresendrally. Dieser ist zwar für die europäischen Indizes von Bedeutung. Allerdings würde sich dies – wie in den letzten Monaten auch – neben dem Nasdaq vor allem beim S&P 500 bemerkbar machen.

 

-- Christoph Müller