EZB: Währungshüter sehen sich weiterhin gut positioniert

Wenig überraschend haben die Notenbank-Oberen bei ihrer jüngsten Zusammenkunft die Leitzinsen unverändert belassen

 

Das Bild zeigt eine Grafik zur gesamt-europäischen Inflation (HVPI) von 2021 bis 2026 in Prozent (J/J). Es vergleicht die tatsächliche Inflation mit dem Inflationsziel der Notenbank. Die Kurve der gesamt-europäischen Inflation steigt bis 2022 an, erreicht einen Höhepunkt, und sinkt dann kontinuierlich bis 2024, wo sie sich um die 2%-Marke stabilisiert. Die Inflation wird sich voraussichtlich unter der 2%-Marke bewegen, was im Einklang mit dem Ziel der EZB steht.

 

Die europäischen Währungshüter haben sich zuletzt in Florenz zu ihren geldpolitischen Beratungen zusammengefunden. Wie erwartet haben die Notenbank-Oberen keine Anpassungen am geldpolitischen Kurs vorgenommen. Somit verbleibt der Einlagesatz bei 2%. Wie bereits im Vormonat wird im geldpolitischen Statement hervorgehoben, dass die weitere Marschrichtung der Notenbank von Sitzung zu Sitzung und in Abhängigkeit der Datenlage angepasst werde. Da die Notenbanker für keine Überraschung gesorgt haben, fielen die Marktreaktionen entsprechend wenig ausgeprägt aus. Die OIS-Swaps implizieren für die kommenden Monate weiterhin ein geldpolitisches Stillhalten.

 

Konjunktur: Wachsende Zuversicht / Inflation: Von hoher Unsicherheit geprägt

Die gesamteuropäische Konjunktur präsentiert sich nach Einschätzung der EZB etwas resilienter als ursprünglich angenommen. Die Notenbanker verweisen in diesem Zusammenhang unter anderem auf das erzielte Handelsabkommen zwischen der EU und den USA. Angesichts der Annäherung im Handelsstreit zwischen China und den Vereinigten Staaten haben sich die Abwärtsrisiken für die Wirtschaft der Eurozone nach Ansicht der Währungshüter darüber hinaus etwas verringert. Die Inflationsaussichten sind jedoch weiterhin von ungewöhnlich hoher Unsicherheit geprägt. Die oberste Währungshüterin räumte ein, dass es im EZB-Rat durchaus unterschiedliche Ansichten hinsichtlich bestehender Aufwärts- bzw. Abwärtsrisiken für den Inflationsausblick gibt. Ungeachtet dessen wurde die heutige Zinsentscheidung von allen Ratsvertretern gleichermaßen mitgetragen. Auf Nachfrage nannte Lagarde eine mögliche Störung der Lieferketten (Stichwort: Seltene Erden) als einen potenziellen Risikofaktor für die weitere Inflationsentwicklung. Grundsätzlich mahnte Lagarde verstärkte politische Bemühungen zur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit der Eurozone an.

 

Die Dezember-Ratssitzung dürfte deutlich spannender werden

Die Währungshüter halten sich weiterhin alle Optionen offen. Im Rahmen der Dezember-Ratssitzung werden die Ratsvertreter unter Berücksichtigung der überarbeiteten Projektionen zur Konjunktur- und Inflationsentwicklung voraussichtlich kontrovers über die Notwendigkeit eines letzten Lockerungsschritts debattieren. In Erwartung eines Rutschs der Teuerungsrate unter die 2%-Zielmarke sehen wir die Tür für einen letzten Lockerungsschritt weiterhin angelehnt.

- Christian Reicherter