Politik: Regierungswechsel in Tschechien
Die populistische ANO des ehemaligen tschechischen Ministerpräsidenten und Unternehmers Babiš hat die Parlamentswahl in Tschechien klar gewonnen. Damit steht das Land vor einem Regierungswechsel. Wenngleich eine von der ANO geführte Regierung die Politik stärker an nationalen Interessen ausrichten dürfte, so rechnen wir mit keinem radikalen, die tschechische Krone nachhaltig verunsichernden Kurswechsel.

In den Umfragen hatte es sich abgezeichnet: Tschechien steht vor einem Regierungswechsel. Mit 34,5% der Stimmen hat die größte Oppositionspartei des Landes, die populistische ANO („JA“, bzw. „Aktion unzufriedener Bürger“) unter dem Vorsitz des ehemaligen tschechischen Ministerpräsidenten Babiš, die Wahl klar gewonnen. Die bisherige Mitte-Rechts-Koalition („SPOLU“) von Premierminister Fiala landete mit 23,4% der Stimmen auf Platz zwei. Allerdings verpasste die ANO die absolute Mehrheit, so dass sie für eine Regierungsmehrheit Koalitionspartner gewinnen muss. Babiš hat diesbezüglich bereits angekündigt, Gespräche mit der rechtsradikalen SPD und der neuen rechtskonservativen Autopartei führen zu wollen. Zudem schloss er eine Minderheitsregierung nicht aus. Punkten konnte die ANO mit ihren Versprechen, die Steuern zu senken und für niedrigere Energiepreise zu sorgen. Zudem spielte ihr die Unzufriedenheit der Bürger mit der aktuellen Regierung in die Hände.
Außenpolitisch ist damit zu rechnen, dass eine von der ANO geführte Regierung die Ukraine-Hilfen deutlich einschränken, wenn nicht sogar ganz einstellen wird. Was die Beziehung zur EU betrifft, könnte die Kritik an Brüssel lauter werden, lehnte Babiš doch in der Vergangenheit u.a. die Klima- und Migrationspolitik der EU ab. Einen Bruch mit der EU wird Babiš allerdings vermeiden wollen, bekannte er sich doch im Wahlkampf zur EU- (und NATO-) Mitgliedschaft seines Landes. Innenpolitisch steht vor allem die Fiskal- und Wirtschaftspolitik im Fokus, hatte Babiš im Wahlkampf doch höhere Löhne und Renten sowie Steuerentlastungen versprochen. Die Finanzierung dieser Wahlversprechen dürfte mit einer expansiveren Fiskalpolitik einhergehen, was auch in Tschechien Defizitrisiken in den Fokus rücken könnte.
Welchen Kurs die ANO jedoch letztendlich einschlagen wird, hängt maßgeblich davon ab, welche Koalitionspartner sie für sich gewinnen kann oder ob es eine Minderheitsregierung geben wird, wo die Mehrheiten bei jeder Abstimmung neu gesucht werden müssen. Wenngleich nicht ausgeschlossen ist, dass im Umfeld der Regierungsbildung eine gewisse politische Unsicherheit zu beobachten sein wird, welche die Krone etwas zurückhaltender agieren lassen könnte, so rechnen wir letztendlich mit keiner, die tschechische Landeswährung nachhaltig verunsichernden radikalen politischen Wende. Denn ungeachtet der zu erwartenden Fokussierung auf nationale Interessen sowie einer gewissen EU-Kritik, dürften die engen wirtschaftlichen Verflechtungen Tschechiens mit der E(W)U sowie das äußere Sicherheitsumfeld eine von der ANO geführte Regierung unter dem Strich pragmatisch agieren lassen.
-- Dr. Sandra Striffler