Die Zukunft der Stresstests

Die EU-Aufsichtsbehörden schlagen die Integration von Klima- und Umweltrisiken in die herkömmlichen Stresstests vor.
 

Erst vor wenigen Wochen hat die EBA die Ergebnisse des diesjährigen Bankenstresstests vorgelegt und dem europäischen Bankensektor insgesamt eine hohe Widerstandskraft bescheinigt. Getestet wurde vor allem, wie robust der Bankensektor gegenüber hohen geopolitischen Risiken und einer weltweiten protektionistischen Handelspolitik mit entsprechenden Zöllen ist. Doch nicht nur die zunehmenden geo- und handelspolitischen Risiken stellen eine Bedrohung für den Bankensektor dar: Auch das Klima eskaliert zunehmend. Ein kurzer Blick in Zeitungen und Nachrichtenportale reicht: Waldbrände in Südeuropa geraten bei Temperaturen von über 40 Grad vielerorts außer Kontrolle, während Orkanböen und Regenmassen über Nordeuropa ziehen. Solche Klima- und Umweltrisiken werden bislang in separaten „thematischen Stresstests“ betrachtet, in den „klassischen“ Tests der Finanzinstitute kommen sie nicht vor. Doch in Wirklichkeit sind die Risiken eng miteinander verknüpft, eine isolierte Betrachtung erscheint nicht zeitgemäß.

 

Ende Juni haben die drei Europäischen Aufsichtsbehörden EBA, EIOPA und ESMA daher eine gemeinsame Leitlinie zur Berücksichtigung von ESG-Risiken in den allgemeinen aufsichtlichen Stresstests zur öffentlichen Konsultation gestellt. Der Leitlinienentwurf richtet sich an die zuständigen Behörden aus dem Banken-, Versicherungs- und sonstigen Finanzsektor der EU. Die Konsultation läuft bis zum 19. September 2025, die gemeinsamen Leitlinien sollen dann Anfang 2026 veröffentlicht werden.

 

Der Ansatz, die bislang nur vereinzelt und eher unregelmäßig durchgeführten Umwelt- und Klimastresstests in die herkömmlichen EU-weiten Stresstests zu integrieren, ist sinnvoll. Die isolierte Betrachtung klassischer finanzieller Risiken in einem Stresstest und klimabezogener Risiken in einem anderen Stresstest bildet die heutige und vor allem zukünftige Realität nicht ab. Die Stresstests selbst dürften damit allerdings erheblich umfangreicher und komplexer werden. Die Datenbasis, auf die zur Bewertung von Umwelt- und Klimarisiken zurückgegriffen werden kann, hat sich in den vergangenen Jahren zwar schon etwas verbessert, ist aber immer noch begrenzt und vor allem auch wenig harmonisiert. Der jetzt vorgelegte Leitlinienentwurf richtet sich offiziell zwar an die zuständigen Aufsichtsbehörden, doch letztlich auch an die Finanzunternehmen selbst, da zumindest in Ansätzen klar wird, welche Daten die Behörden zukünftig zur Umsetzung der vorgeschlagenen umfangreichen Stresstests benötigen und damit einfordern werden. Auch die geforderte Datengranularität dürfte sich erhöhen, und die Integration von ESG-Risiken in das Risikomanagement der Finanzinstitute dürfte stärker kontrolliert werden. Die Anforderungen an die die Datenerhebung sowie die internen Prozesse und Methoden zur Risikoidentifizierung und -messung von Umwelt- und Klimarisiken (und später dann auch der sozialen und Governance Risiken) dürften für die Institute also weiter steigen. Und auch wenn der Zeithorizont hier immer noch mittel- bis längerfristig ist: Der Blick auf das Thema wird - zumindest in der EU - weiter verschärft. Angesichts der steigenden Relevanz von ESG-Risiken wäre eine solche Entwicklung zu begrüßen.

 

-- Alex Constanze Steinmann