Fed-Preview: Waller drängt auf Senkung – Fed wird stillhalten
Die US-Notenbank wird keine Anpassungen am geldpolitischen Kurs vornehmen. Tür für eine Lockerung der Zinszügel im Herbst bleibt offen.

Bevor sie den Sommer in vollen Zügen genießen dürfen, beraten die US-Währungshüter am kommenden Mittwoch turnusgemäß über die Angemessenheit des geldpolitischen Kurses. Zuletzt hat sich Fed-Direktoriumsmitglied Waller mit Nachdruck für eine Lockerung der Zinszügel bereits zur anstehenden Zusammenkunft ausgesprochen. Verschiedene Fed-Kollegen mahnen hingegen mit Blick auf einen befürchteten Anstieg der Inflation infolge der Zölle zur Vorsicht. Dies spricht für eine kontroverse Debatte im Federal Open Market Committee (FOMC). Wir gehen nicht davon aus, dass die US-Währungshüter bei dieser Sitzung eine Änderung des Leitzinses in Erwägung ziehen werden. Die Zölle und ihre Auswirkungen auf die zukünftige Inflations- und Konjunkturentwicklung bleiben ein Unsicherheitsfaktor. Angesichts ihres dualen Mandats hat die Notenbank auch die Entwicklung des US-Arbeitsmarktes im Blick. Da dieser sich bislang als weitgehend solide präsentiert, besteht für die Notenbank keine Eile, die Zinsen weiter zu senken. Die Federal Reserve dürfte unserer Einschätzung nach bis auf weiteres an ihrer abwartenden geldpolitischen Haltung festhalten.
US-Ratsvertreter Waller drängt auf eine Zinssenkung bereits im Juli
US-Notenbankvertreter Waller (Voting) hat sich jüngst zu Wort gemeldet und sich für eine Zinssenkung bereits zur anstehenden FOMC-Sitzung stark gemacht. Er zeigt sich überzeugt, dass die Inflation in Folge der Zölle nur vorübergehend ansteigen wird. Unter der Voraussetzung, dass die Inflationserwartungen fest verankert bleiben, könne die Notenbank durch diesen temporären Teuerungsschub hindurchschauen. Des Weiteren argumentiert Waller, dass eine nachlassende konjunkturelle Dynamik ein niedrigeres Leitzinsniveau rechtfertige. Seiner Einschätzung nach sollte der Leitzins daher eher im neutralen Bereich bei etwa 3% liegen. Ein weiterer von Waller angeführter Aspekt für eine Lockerung der Zinszügel ist die von ihm befürchtete merkliche Abkühlung des US-Arbeitsmarktes. Obwohl der jüngste US-Arbeitsmarktbericht solide ausfiel, sieht er Anzeichen für einen nachlassenden Beschäftigungsaufbau im privaten Sektor. Die von Direktoriumsmitglied Waller vorgebrachten Argumente werden im Zuge der Juli-Sitzung unter den Fed-Oberen sicherlich kontrovers diskutiert werden.
Bislang haben die Zölle nicht zum einem Teuerungsschub geführt
Die von der US-Administration verhängten Zollhürden spiegeln sich bislang nicht in einem nachhaltigen Anstieg der US-Inflation wider. Die Kerninflationsrate (Core-PCE) hat sich zuletzt mit etwa 2,6 % (J/J) wenig verändert gezeigt. Verschiedene Währungshüter (u. a. Kugler/Williams) befürchten allerdings, dass der Inflationsdruck in den kommenden Monaten zunehmen könnte. Nach unserer Einschätzung werden die amerikanischen Unternehmen gezwungen sein, die durch die Zölle entstehenden höheren Kosten an die US-Verbraucher weiterzugeben. Die bisherige Zurückhaltung der Unternehmen könnte damit zu erklären sein, dass diese sich den Unmut des US-Präsidenten nicht zuziehen wollen. Sobald jedoch ein Unternehmen beginnt, die Kosten weiterzugeben, dürften auch andere Firmen nachziehen. Vor diesem Hintergrund ist mit Blick auf die Inflationsaussichten Vorsicht geboten. Das von US-Notenbankvertreter Waller vorgebrachte Argument, der zu erwartende zollbedingte Teuerungsschub sei nur temporärer Natur und falle nach einem Jahr wieder aus der Inflationsberechnung heraus, ist nicht gänzlich von der Hand zu weisen. Es besteht allerdings durchaus das Risiko, dass sich der Preisauftrieb als hartnäckiger erweist. Eine Neuordnung oder gar eine länger andauernde Störung der Lieferketten infolge des Zollchaos könnte zu einem nachhaltigeren Anstieg der Inflation führen.
US-Arbeitsmarkt zeigt sich bislang in solider Verfassung
Einen weiteren Aspekt, den die US-Notenbank angesichts ihres dualen Mandats im Blick hat, ist der US-Arbeitsmarkt. Umfragen deuten darauf hin, dass Unternehmen angesichts des von Unsicherheit geprägten Umfelds bei Neueinstellungen tendenziell vorsichtiger werden. Der jüngste Arbeitsmarktbericht lässt jedoch bislang auf keine spürbare Abkühlung der Beschäftigungslage schließen. So lag die Zahl der neu geschaffenen Stellen zuletzt solide im Bereich um 150 Tausend.
Fed mit abwartender Haltung – im Herbst wird Lockerung wahrscheinlicher
Wir gehen davon aus, dass FOMC-Vertreter Waller seine Notenbankkollegen nicht davon überzeugen kann, bereits zu dieser FOMC-Sitzung für eine Lockerung der Zinszügel zu stimmen. Angesichts eines nach wie vor zu befürchtenden Anstiegs der Inflation dürften die Währungshüter zunächst weiter zur Vorsicht neigen. Darüber hinaus drängt die nach wie vor solide Lage am Arbeitsmarkt die Notenbank nicht zur Eile. Die Währungshüter werden die Sommerpause nutzen, um weitere Erkenntnisse darüber zu gewinnen, wie sich das wirtschaftliche Umfeld weiter entwickelt. Eine spürbare Abkühlung des US-Arbeitsmarktes im Herbst würde unserer Ansicht nach die Tür für weitere Lockerungsschritte öffnen.
-- Christian Reicherter