Eskalation in Nahost – Finanzmärkte besorgt, aber nicht panisch
Mit der ungetrübten Stimmung ist es an den weltweiten Aktienmärkten zwar momentan erst mal vorbei. Dass die jüngste Eskalation im Dauerkonflikt zwischen Israel und dem Iran allerdings nachhaltig belasten wird, darf jedoch bezweifelt werden.

Eigentlich verliefen die letzten Tage an den internationalen Aktienmärkten zunächst eher unspektakulär. Zwar sorgte eine getroffene Vereinbarung zwischen Washington und Peking für Ernüchterung, hatten sich Marktteilnehmer doch mehr erhofft als Erleichterungen bei Ausfuhren von sogenannten seltenen Erden aus China sowie Halbleitern und Flugzeugteilen aus den USA. Und auch den moderat zunehmenden US-Leitzinsspekulationen aufgrund eines niedriger als marktseitig erwartet ausgefallenen Preisdrucks wäre ein deutlicherer Impuls zuzutrauen gewesen. Allerdings hielt sich der DAX größtenteils oberhalb der Marke von 24.000 Punkten. Der S&P 500 konnte sich sogar erstmals seit Februar wieder über 6.000 Punkten etablieren.
Nach der (erneuten) Eskalation des seit Jahrzehnten andauernden Konflikts zwischen Israel und dem Iran ist es mit der guten Stimmung an den Aktienmärkten erst mal vorbei. Verunsicherung dominiert die Gemengelage, nachdem die Regierung um Netanjahu gezielt Atomanlagen im Iran angegriffen hat und Teheran mit Drohnen zum Gegenschlag ausholt. Weltweit geht es für die Aktienmärkte rund 1,5% bergab. Auch in anderen Finanzmarktsegmenten sind die Auswirkungen spürbar. Der Goldpreis als sicherer Hafen und der US-Dollar legten moderat zu. Der Rohölpreis verzeichnete zeitweise einen Sprung von rund 70 USD auf gut 78 USD.
Beunruhigend ist die Situation im Nahen Osten zwar allemal. Es ist jedoch zu bezweifeln, dass die abermalige Eskalation nachhaltige Auswirkungen an den weltweiten Finanzmärkten hinterlässt. Zum einen dürfte vor allem die Führung im Iran kein Interesse an einer anhaltenden und umfänglichen militärischen Auseinandersetzung mit Israel haben. Zum anderen haben sich Marktteilnehmer in den vergangenen Monaten und Jahren ein Stück weit an den Krisenherd Nahost „gewöhnt“. Ohne eine breitere Eskalation des Konflikts unter direkter Beteiligung weiterer Länder oder eine Blockade der Straße von Hormus durch den Iran mit dem Ziel, die globale Rohölversorgung zu beeinträchtigen, dürfte die Auseinandersetzung auf absehbare Zeit wieder in den Hintergrund rücken. Alternative Themen, die für Impulse an den Aktien- und Finanzmärkten sorgen können, gibt es derzeit schließlich mehr als genug, darunter nicht zuletzt die konjunkturelle Situation in wirtschaftlich bedeutenden Regionen der Welt sowie die (Handels-)Politik des US-Präsidenten und die in diesem Zusammenhang laufenden Verhandlungen.
-- Sören Hettler