Strompreiszonen: Notwendiges Übel oder Tod der Industrie?
Der europäische Netzbetreiberverband empfahl in seinem jüngsten Bericht die Teilung Deutschlands in fünf Preiszonen. Dadurch sollen Netzengpässe reduziert und Kosten gesenkt werden. Das Vorhaben stößt jedoch in der Industrie und vor allem in Süddeutschland auf wenig Zustimmung. Die Umsetzung bleibt daher fraglich.

Die Debatte um die Aufteilung der bislang einheitlichen deutschen Strompreiszone in mehrere regionale Zonen ist äußerst umstritten. Ende April hat der Verband der europäischen Übertragungsnetzbetreiber in seinem „Bidding-Zone-Bericht“ die Aufteilung der deutsch-luxemburgischen Gebotszone in fünf Zonen mit unterschiedlichen Strompreisen empfohlen.
Aktuell wird Strom in Deutschland zu einem einheitlichen Börsenpreis gehandelt, der die lokalen Gegebenheiten jedoch nicht berücksichtigt. Während im windreichen Norden Strom oft günstiger produziert wird, zahlen Verbraucher dort denselben Preis wie im industrieintensiven Süden. Zudem führen Netzengpässe, die durch einen unzureichenden Netzausbau entstehen, dazu, dass überschüssiger Windstrom im Norden nicht vollständig in den Süden transportiert werden kann. Dadurch sind teure Maßnahmen zur Steuerung der Engpässe nötig, die im Jahr 2024 fast 3 Milliarden Euro kosteten und auf die Verbraucher umgelegt werden.
Befürworter der regionalen Strompreiszonen – vor allem Energieökonomen und Verbände aus dem Norden – argumentieren, dass solche Zonen die Effizienz des Stromsystems erhöhen, den lokalen Verbrauch fördern und den Netzausbau entlasten könnten. Die ÜNB schätzen den Wohlfahrtseffekt der Spaltung in fünf Zonen für das aktuelle Jahr auf rund 340 Millionen Euro. Die Kosten für die Umstellung belaufen sich auf etwa 2,4 Milliarden Euro und würden sich nach sieben Jahren amortisieren.
Demgegenüber lehnen Politik, Industrie und große Verbände, vor allem aus dem Süden und Westen Deutschlands, diese Aufteilung ab. Sie befürchten steigende Strompreise und Investitionsrisiken, die die Wettbewerbsfähigkeit energieintensiver Unternehmen beeinträchtigen und eine Abwanderung ins Ausland begünstigen könnten. Der Verband Erneuerbarer Energien warnt zudem vor Verzögerungen beim Ausbau von Erneuerbaren Energien. Auch die aktuelle Bundesregierung spricht sich gegen eine Gebotszonentrennung aus. Stattdessen setzt sie auf einen beschleunigten Netzausbau, den Ausbau von Speichern und Flexibilisierungsmöglichkeiten, um Engpässe zu beheben und die Energiewende voranzutreiben.
Für eine Änderung der deutschen Preiszone ist die einstimmige Entscheidung aller EU-Mitgliedstaaten erforderlich. Kommt diese nicht zustande, muss die EU-Kommission bis Mitte 2026 eine endgültige Entscheidung treffen. Angesichts des regen gesellschaftlichen und politischen Widerstands ist es sehr wahrscheinlich, dass die Trennung letztlich scheitert und die Empfehlung im Bidding-Zone-Bericht nicht umgesetzt wird.
Es gibt allerdings auch Alternativen zur Gebotszonentrennung, die dabei helfen können, Netzengpässe zu beseitigen und den lokalen Verbrauch anzuregen. So könnten beispielsweise regional unterschiedliche Vergütungen für Erneuerbare Energien, Elektrolyseure zur Wasserstoffproduktion und steuerbare Kraftwerke eingeführt werden. Aber auch Nodal Pricing, bei dem für jeden Netzknoten im Übertragungsnetz ein individueller Strompreis bestimmt wird, und dynamische Netzentgelte werden diskutiert. Insgesamt bleibt die Aufteilung der deutschen Strompreiszone ein komplexes Thema, das mit vielen Chancen einhergeht, aber auch Risiken für Industrie und Energiewende birgt.
-- Linda Yu