Großbritannien: Moderates Wachstum bei wieder aufgeflammten Inflationssorgen
Trotz der schnellen Einigung im Zollkonflikt mit den USA ist die Verunsicherung in der britischen Wirtschaft groß. Dank kräftigem Q1 dürfte das Wirtschaftswachstum 2025 dennoch bei 1,2% liegen. Im April hat die Inflation durch Einmaleffekte deutlich angezogen. Darüber hinaus ist der Lohnanstieg immer noch erhöht, was vor allem die Dienstleistungspreise treibt.

Großbritannien hat beim Zollkonflikt mit den USA vor allem deshalb Schlagzeilen gemacht, weil es der Regierung recht schnell gelang, einen einvernehmlichen Kompromiss zu finden. Dies war auch deshalb möglich, weil beim Warenaustausch mit der größten Volkswirtschaft der Welt nur ein kleiner Überschuss erwirtschaftet wird. Als Zielland haben die USA jedoch für das ehemalige EU-Land überproportional stark an Bedeutung gewonnen. Während die britischen Exporte insgesamt von 2014 bis 2024 nur um 26% stiegen, steht bei den Exporten in die USA ein Plus von 57% zu Buche.
Dennoch ergeben sich aus der US-Handelspolitik bremsende Effekte für die britische Konjunktur, auch wenn die direkten Effekte überschaubar bleiben dürften. Beispielsweise wird nur auf einen Teil der Autoimporte aus UK zukünftig Strafzoll erhoben. Dennoch dürften die Ausfuhren in Richtung USA 2025 nicht mehr das Niveau des Vorjahres erreichen. Zudem ist insgesamt die Verunsicherung in der britischen Wirtschaft groß. Das Industrieklima konnte sich zwar zuletzt auf niedrigem Niveau etwas aufhellen, dafür sind jetzt die Dienstleister pessimistischer gestimmt. Dies liegt wohl an dem deutlich erhöhten Mindestlohn und an den auf Arbeitgeberseite gestiegenen Sozialabgaben. Eine solide Fiskalpolitik ist jedoch für das Land unverzichtbar. Dank kräftigem Q1 dürfte das Wirtschaftswachstum in diesem Jahr dennoch bei rund 1,2% liegen und damit das Tempo vom Vorjahr halten.
Im April hat die Inflation deutlich Fahrt aufgenommen, die Jahresteuerungsrate stieg auf 3,8%. Ein ganz so starker Anstieg war auch von der Notenbank nicht erwartet worden, obwohl Erhöhungen bei den regulierten Preisen für Gas, Wasser und Strom zum 1. April angekündigt waren. Hinzu kamen in Folge des späten Osterfestes noch deutlich verteuerte Flugtickets. Darüber hinaus stieg noch der Mindestlohn. Aber auch insgesamt hat der Lohnanstieg in den letzten Monaten angezogen. Das treibt wiederum die Preise der Dienstleister. Vor diesem Hintergrund könnte die Inflation zunächst noch etwas steigen, bevor sie sich dann zögerlich wieder zurückzieht. 2025 dürfte die Inflation im Durchschnitt immerhin bei 3,4% liegen. Die Notenbank hat den Leitzins in drei kleinen Schritten auf 4,25% gesenkt. Die Wahrscheinlichkeit für eine weitere Zinssenkung im Juni ist durch die aktuelle Entwicklung bei den Verbraucherpreisen gesunken.
-- Dr. Christine Schäfer