Trumps Zolloffensive verstärkt Abwärtsdruck auf den Ölpreis
Die Zollkeule Trumps sowie Ängste vor einer weltweiten Rezession und Nachfragerückgängen lösten einen Ausverkauf an den Ölmärkten aus. Die künftige Entwicklung der Ölnachfrage hängt vom weiteren Verlauf der Zollstreitigkeiten ab.

Die unberechenbare Zollpolitik von Donald Trumps und die damit einhergehenden Rezessionsängste haben die Anleger an den Ölmärkten weltweit fest im Griff. Insbesondere die jüngste Zolloffensive am „Liberation Day“ Anfang April löste an den internationalen Ölbörsen einen Preisverfall aus. Im Zuge dessen sanken die Kurse für europäisches Brent-Öl sowie die US-Sorte WTI innerhalb weniger Handelstage zeitweise um gut 20% und fielen auf den niedrigsten Stand seit der Corona-Pandemie 2021. Hauptauslöser des Ausverkaufs war die Einführung der reziproken Zölle auf alle Importe in die USA, die weit höher und umfangreicher ausfielen als vielseits erwartet.
Der Druck der Finanzmärkte veranlasste Trump offenbar jüngst zumindest zu einer temporären Aussetzung der Zölle für die Länder, die keine Gegenzölle auf US-Importe verhängt haben. Für alle anderen Handelspartner bleiben die reziproken Zölle jedoch bestehen. Dies trifft allen voran China, das sich zuletzt nicht (mehr) von seiner kompromissbereiten Seite gezeigt hat, sondern direkt mit Vergeltungszöllen auf US-Importe konterte. Sollten die Gegenzölle in Kraft bleiben und China sich nicht demnächst verhandlungsbereit zeigen, befürchten viele Anleger eine weitere Eskalation des Handelskrieges zwischen den USA und China.
Dabei sind fossile Energieimporte in die USA zwar von den Zöllen ausgenommen, allerdings befürchten die meisten Marktteilnehmer, dass eine weitere Eskalation der Handelskonflikte kurz- und mittelfristig gravierende Auswirkungen auf die Weltkonjunktur hätte. Diese würden wiederum auf der Nachfrage nach dem schwarzen Gold lasten und die Preise weltweit spürbar unter Abgabedruck setzen.
Neben den Nachfragesorgen trug auf der Angebotsseite auch das OPEC+-Kartell maßgeblich zum Preisverfall bei. Dies hat überraschenderweise angekündigt, ihre Förderung im kommenden Monat um das Dreifache der ursprünglich geplanten Menge anzuheben. Die Ankündigung verstärkte den Abwärtsdruck auf die Ölpreise weiter.
Aufgrund der eingetrübten Aussichten für die Konjunktur und die Nachfrage revidieren wir unsere Ölpreisprognosen und unterstellen im weiteren Jahresverlauf eine Seitwärtsbewegung um 70 USD je Barrel. Mit deutlichen Ausschlägen nach oben und unten wird künftig weiterhin zu rechnen sein.
Die künftige Entwicklung der Handelskonflikte, der Ölnachfrage und der Ölpreise dürfte vom Verlauf der Verhandlungen und etwaigen (Gegen-)Zöllen abhängen. Die Unsicherheit dürfte allerdings hoch bleiben. Käme es zu einer weiteren Eskalation der Handelskonflikte zwischen den USA und China oder der EU, könnte es zu einem noch stärkeren Preisverfall an den Ölmärkten kommen.
-- Linda Yu