Wie gewonnen, so zerronnen?
Nach einer sehr guten Aktienkursentwicklung im ersten Quartal, ist die Ampel für die europäischen Bankaktien von Grün auf Gelb gesprungen. Trumps Zollhammer sollte zu einer deutlichen wirtschaftlichen Abschwächung in Europa führen, was sich in einer niedrigeren Kreditnachfrage und steigenden Kreditausfällen bei den Banken auswirken könnte. Damit wird die Titelauswahl für Investoren in Bankaktien noch wichtiger als zu Beginn des Jahres.

Noch vor 2 Wochen war die Welt für die europäischen Banken mehr als in Ordnung. Das erste Quartal hatte starke Kurszuwächse an den Börsen gebracht, Bankaktien sind deutlich gestiegen, und die Aussicht auf weniger stark sinkende Zinsen und eine steilere Zinskurve machten Appetit auf mehr. Dazu kam das geplante Konjunkturprogramm in Deutschland, was nicht nur für deutsche Banken positiv zu werten ist.
Mit Trumps Zollhammer ist die Welt für die Banken eine andere. Rezessionsängste und eine leicht gestiegene Wahrscheinlichkeit zusätzlicher Zinssenkungen haben zu starken Kurseinbrüchen bei den Bankaktien geführt. Ob es wirklich zu einer globalen Rezession in 2025 kommt, ist noch völlig offen, Einigkeit herrscht aber schon darüber, dass die europäische Wirtschaft weniger stark wachsen wird als noch vor 2 Wochen geschätzt, für Deutschland wird eine leichte Rezession nicht ausgeschlossen. Das sind keine positiven Nachrichten für die Banken, die mit sinkender Kreditnachfrage und steigenden Kreditausfällen rechnen müssen, wenn es denn so kommt. Zusätzliche Zinssenkungen (über die vor 2 Wochen erwarteten hinaus) der EZB wären auch negativ zu werten. Banken mit einem hohen Anteil von Kapitalmarkterträgen, sollten kurzfristig von der gestiegenen Volatilität der Aktienmärkte profitieren, mittelfristig dürften sich jedoch eine wirtschaftliche Abschwächung negativ auf Emissionstätigkeit und M&A Aktivitäten auswirken. Viele Banken planen umfangreiche Aktienrückkäufe – kommt es zu einer deutlichen wirtschaftlichen Abschwächung in Europa, sehen wir das Risiko, dass die Aufseher diese Pläne kürzen.
Die Bewertung der Bankaktien ist deutlich zurückgekommen, die durchschnittliche Kurs/Buchbewertung (2025e) liegt bei 0,9x bei einer geschätzten Eigenkapitalrendite von 11,6%. Im Falle einer wirtschaftlichen Abschwächung liegt die Eigenkapitalrendite vermutlich eher leicht unter 10%, was die Bankenaktien u.E. im Durchschnitt als fair bewertet erscheinen lässt.
Insgesamt hat sich das Marktumfeld eingetrübt für die europäischen Bankaktien. Banken, die besonders stark im Firmenkundengeschäft sind, sollten stärker unter einer wirtschaftlichen Abschwächung leiden als solche, die eher im Privatkundengeschäft aktiv sind. Banken, die stark im Asset bzw. Wealth Management sind, würden unter weiteren Kursrückgängen leiden. Zusätzliche Zinssenkungen wären v.a. für die Banken negativ, bei denen der Zinsüberschuss eine besondere Rolle spielt.
Die Ampel für die europäischen Banken ist von Grün auf Gelb gesprungen. Auch wenn sie nicht direkt von den Zöllen betroffen sind, so sind die indirekten Effekte doch negativ zu werten. Für Investoren in Bankaktien wird die Titelauswahl noch wichtiger als zu Beginn des Jahres.
-- Dr. Philipp Häßler