Investoren scheuen für Rendite keine Risiken

Die aktuell starke Nachfrage nach Bundesanleihen erweckt den Anschein, dass sich die Investoren in die sicheren Häfen flüchten. Ein zweiter Blick zeichnet jedoch ein ganz anderes Bild.

 

 

Auf dem Einkaufszettel der Investoren stehen derzeit die Staatsanleihen der Bundesrepublik Deutschland ganz oben. Aufgrund der starken Nachfrage ist die Rendite der zehnjährigen Bundesanleihe von 2,65% Mitte Januar auf aktuell 2,37% gesunken. Anhand dieser jüngsten Entwicklung kann schnell die Schlussfolgerung gezogen werden, dass sich die Marktteilnehmer in die sicheren Häfen flüchten. Wer könnte es den Investoren auch verdenken angesichts der vielfältigen, hauptsächlich politischen Krisen in der aktuellen Zeit. Allerdings stellt sich an diesem Punkt auch die Frage, wie sicher die sicheren Häfen noch sind, stieg die Rendite der Bundesanleihen doch am Ende des vergangenen Jahres sehr deutlich im Zuge der Regierungskrise und der schwachen Konjunkturaussichten. So braucht es am aktuellen Rand zwar nicht viel Mut, eine Bundesanleihe zu kaufen – wir reden hier immerhin noch von einer der wenigen „AAA“-Anleihen. Aber ein wenig mehr Mut als in der Vergangenheit braucht es schon.



Den Mut bringen die Investoren derzeit aber locker auf, das zeigt sich auf den zweiten Blick. Da ist beispielsweise der Risikoaufschlag der vergleichsweise riskanten „BBB“-Anleihen gegenüber den sichersten „AAA“-Anleihen. Dieser nahm seit August vergangenen Jahres kontinuierlich ab und notiert aktuell bei 80 Basispunkten. Zu Beginn des Augusts vergangenen Jahres standen noch 109 Basispunkte zu Buche. Die Marktakteure, so scheint es, sind auf der Suche nach Rendite und scheuen dabei kaum Risiken. Da kommen die derzeit hohen, absoluten Renditen gerade Recht – zumal vor dem Szenario weiter fallender Leitzinsen, die zumindest am kurzen Ende der Laufzeitkurve in Zukunft für niedrigere Renditen sorgen dürften. Dabei gehen die Investoren sogar noch einen Schritt weiter und füllen ihre Depots auch mit sehr riskanten High-Yield-Anleihen. Die Bonität der Emittenten dieser Anleihen liegt im Non-Investment-Grade-Bereich und beinhaltet somit eine deutlich höhere Ausfallwahrscheinlichkeit. Der durchschnittliche Risikoaufschlag der High-Yield-Anleihen gegenüber Bundesanleihen hat sich zuletzt auf 295 Basispunkte von 410 Basispunkte im August vergangenen Jahres verringert. Der durchschnittliche Risikoaufschlag in den vergangenen zehn Jahren betrug 390 Basispunkte.


Die offensichtliche Risikofreude, die unter den Marktteilnehmern derzeit herrscht, könnte am Ende dazu führen, dass der Rentenmarkt vergleichsweise robust durch die aktuell unsicheren Zeiten manövriert. Das alleine ist schon viel Wert.

 

-- Günther Scheppler