Banken in Deutschland werden vorsichtiger

Eine spürbare wirtschaftliche Erholung nach zwei Jahren mit negativem Wirtschaftswachstum lässt weiter auf sich warten. Das konjunkturelle Umfeld bleibt schwierig. Das spiegelt sich auch in der Befragung der Banken in Deutschland durch die EZB wider. So schwindet deren Optimismus im Hinblick auf die Kreditnachfrage und die Institute werden vorsichtiger bei der Kreditvergabe.
 


Die aktuelle Wirtschaftsschwäche hinterlässt immer tiefere Spuren. Das zeigt der Arbeitsmarkt, wo sich das Beschäftigungswachstum tendenziell zwar fortsetzt, aber nach Einschätzung der Bundesagentur für Arbeit mehr und mehr an Kraft verliert. Sorgen bereitet vor allem die Arbeitslosenquote, die im Januar um 0,4 %-Punkte auf 6,4% zunahm. Auch eine hohe Zahl an Privat- und Unternehmensinsolvenzen verdeutlicht die schwierige Lage. So stiegen beispielsweise die Firmeninsolvenzen in den ersten zehn Monaten 2024 um über 23%. Hinzu kommt, dass verstärkt große Unternehmen betroffen sind. Das macht sich im Umfang gefährdeter Forderungen bemerkbar.

 

Die erhoffte wirtschaftliche Erholung dürfte sich insgesamt zäher gestalten als von vielen zunächst gedacht. Das hat nicht nur die Bundesregierung veranlasst, die Wachstumsprognose 2025 im jüngst vorgelegten Jahreswirtschaftsbericht von ursprünglich 1,1% auf jetzt noch magere 0,3% abzusenken. Auch die Banken werden vorsichtiger. Hielten sich Institute, die ihre Kreditrichtlinien für private Immobilienkredite verschärfen wollten, und solche, die lockern wollten, bei der Oktoberbefragung der EZB noch die Waage, plant jetzt eine Mehrheit der Januarbefragung Verschärfungen in den nächsten Monaten. Noch größer ist inzwischen der Anteil der Banken, die sich gezwungen sehen, ihre Kreditrichtlinien für Firmenkunden zu verschärfen. Gleichzeitig schwindet der Optimismus für die Kreditnachfrage. Gab es vor einem viertel Jahr noch eine deutliche Mehrheit der Banken, die mit einem höheren Kreditbedarf ihrer Firmenkunden in den nächsten Monaten rechneten, sind es inzwischen genauso viele Pessimisten unter den Kreditinstituten wie Optimisten.

 

Trotz der geplanten Verschärfungen von Kreditvergaberichtlinien bleibt die Kreditversorgung gut, es droht keine Kreditklemme. Dass das Wachstum der Märkte für Bankkredite zunächst trotzdem gebremst bleibt, hängt vor allem mit der skizzierten konjunkturellen Lage, dem Reformstau in Deutschland und der Unsicherheit bis zur Bundestagswahl zusammen. Das vernebelt das Investitionsklima. Eine entschlossene Wirtschaftspolitik und eine überzeugende Reformagenda der neuen Bundesregierung könnten das Investitionsklima ab der zweiten Jahreshälfte spürbar aufhellen.

 

-- Michael Stappel