Woche der Zentralbanken

Die EZB und die Fed gehen getrennte Wege. Während weitere Leitzinssenkungen in der Eurozone wohl folgen werden, dürfte die Fed in diesem Jahr die geldpolitischen Zügel nur sehr vorsichtig lockern.

 

 

In dieser Woche tagen zwei wichtige Zentralbanken. Am Mittwochabend (29. Januar) wird die Fed den Zinskorridor unverändert lassen. Die EZB hingegen dürfte nur einen Tag später (30. Januar) die Leitzinsen um 25 Basispunkte senken. Sowohl das Stillhalten der Fed als auch die erneute Lockerung der geldpolitischen Zügel durch die europäischen Währungshüter sind am Markt, ablesbar an den Geld­markt-Terminsätzen, eingepreist. Dennoch dürften die beiden Notenbankentschei­dungen kein Non-Event sein. 

 

Nachdem die Fed die Zinsen in den letzten vier Monaten des vergangenen Jahres um einen Prozentpunkt gesenkt hat, scheinen weitere Zinssenkungen vorerst nicht auf der Agenda zu stehen. Die US-Notenbank hat derzeit keinen ausreichenden Grund, den Zinskorridor zu senken, da der Arbeitsmarkt stark und die Inflation weiterhin zu hoch ist. Die wirtschaftspolitischen Maßnahmen der neuen US-Regierung sorgen für erhebliche Unsicherheit, da sie das Potenzial haben, die Inflation anzuheizen. Eine anhaltend restriktive Geldpolitik dürfte Trump jedoch missfallen. In seiner Rede vor dem Weltwirtschaftsforum in Davos hatte er eine sofortige Senkung der Leitzinsen gefor­dert. Sollte die Fed, wie von uns erwartet, die Geldpolitik in dieser Woche nicht weiter lockern, dürfte dies den Unmut des neuen Präsidenten hervorrufen. Auf der Pressekonferenz dürfte Powell betonen, dass die Fed sich nicht von politischer Seite beeinflussen lässt.

 

Die EZB ist in einer anderen Situation als die US-Notenbank. Zwar ist die Inflation im Euroraum zuletzt wieder leicht gestiegen. Die europäischen Währungshüter zeigen sich aber weiterhin zuversichtlich, dass sich der Disinflationsprozess im Euroraum in den kommenden Monaten fortsetzen wird. Vor diesem Hintergrund signalisieren die Notenbanker ihre grundsätzliche Bereitschaft, den Zinssenkungskurs fortzusetzen. Ein vorsichtiges Vorgehen erscheint uns weiter angebracht. Bei einer Verschärfung des Handelskonflikts mit den USA könnte Europa mit Gegenzöllen reagieren und so zu einer hartnäckigen Inflation im Euroraum beitragen. Andererseits birgt eine Eska­lation des Handelskonflikts Abwärtsrisiken für die EWU-Konjunktur, was für einen geringeren Preisauftrieb sprechen würde. In diesem von Unsicherheit geprägten Um­feld dürften die EZB-Vertreter die Zinszügel nur behutsam lockern. Für die kommen­de Ratssitzung erwarten wir einen weiteren kleinen Zinssenkungsschritt nach unten in Höhe von 25 Basispunkten.

-- Birgit Henseler