Aktienmarkt: Powell sprengt Jahresabschlussparty
Die US-Notenbank schaltet bei den Leitzinssenkungen einen Gang zurück und sorgt damit für Unruhe an den weltweiten Aktienmärkten.
An einem unter dem Strich sehr guten Aktienjahr 2024 mag die gestrige Sitzung der US-Notenbank zwar nichts ändern. Um der Stimmung unter den Marktteilnehmern einen merklichen Dämpfer zu verpassen, genügten die Äußerungen von Powell & Co. aber allemal. Über 3% ging es für den S&P 500 im Nachgang zur Notenbanksitzung bergab, beim Nasdaq 100 waren es 4% und beim Russel 2.000 sogar über 5%. Die bis vor kurzem noch dynamische Fortsetzung der Aufwärtsbewegung des US-Leitindex im vierten Quartal mit Kursen oberhalb der 6.000er-Marke ist damit zu einer übergeordneten Seitwärtsbewegung zusammengeschrumpft. Die europäischen Indizes Euro Stoxx 50 und DAX konnten sich der vorherrschenden Tristesse zwar nicht entziehen und gaben gut 1% nach. Der deutsche Leitindex hielt sich aber immerhin im Bereich der Marke von 20.000 Punkten, die er Anfang des Monats erstmals in seiner Historie überschritten hatte.
Dabei kommt das Ergebnis der US-Notenbanksitzung auf den ersten Blick freundlich daher. Zum dritten Mal in Folge wurde der Leitzins gesenkt. Ausgehend von 5,5% wurde die Zinsobergrenze seit Mitte September um 1%-Punkt reduziert. Das Problem: So entschlossen wie in den vergangenen Wochen dürften die Verantwortlichen ihren Kurs nicht fortsetzen. Powell hob in seinen Äußerungen den Fokus auf die weiterhin zu hohe Inflationsrate hervor, nachdem das Hauptaugenmerk zuletzt eher der Entwicklung am Arbeitsmarkt galt. Auch der potenzielle Einfluss der US-Importzölle auf den Preisdruck fand Erwähnung. Das Bekenntnis, ein neutrales geldpolitisches Niveau anzustreben, wich dem Tenor einer graduellen und vorsichtigen Vorgehensweise. Am US-Geldmarkt wird aktuell nur noch etwas mehr als eine Zinssenkung bis Ende 2025 eingepreist. Vor der Sitzung waren es noch rund drei Schritte nach unten.
Zum Teil dürfte die verglichen mit anderen Finanzmarktsegmenten sehr ausgeprägte Reaktion an den Aktienmärkten mit einem dünnen Handel zu erklären sein, teils mit der zuvor zu beobachtenden, beinahe schon euphorischen Stimmung nach dem Wahlsieg Trumps Anfang November. Unter dem Strich deckt sich die jüngste Entwicklung mit unserer Einschätzung für das bevorstehende Aktienjahr. Einerseits ist die Lage durch den Einzug Trumps ins Weiße Haus unberechenbarer geworden, folglich ist mit mehr und größeren Schwankungen zu rechnen. Andererseits besteht gerade für die US-Indizes spürbares Aufwärtspotenzial, getrieben durch bevorstehende Steuersenkungen, Deregulierungsmaßnehmen sowie den Schutz und die Förderung einzelner Wirtschaftszweige.
-- Sören Hettler