Die Kompassnadel im Rentenmarkt spielt verrückt

Die Wahl von Donald Trump als zukünftigen US-Präsidenten und die Regierungskrise in Deutschland sind weitere, signifikante Unsicherheitsfaktoren. Wie der Rentenmarkt aktuell darauf reagiert, ist eines der zentralen Themen, das Anleger umtreibt.
 

Vor dem Hintergrund der aktuellen politischen Entwicklungen haben die Risikoaufschläge in allen Rentenmarktsegmenten auf Basis des Euribor-Swapsatzes (für Zinstauschgeschäfte zwischen Banken) in den vergangenen vier Wochen zugenommen. Das gilt insbesondere für die Segmente der Staatsanleihen und Agency Anleihen. Die Aussage auf den ersten Blick ist somit klar: Die Risikoaversion in den Reihen der Rentenmarktinvestoren ist zuletzt deutlich gestiegen. Betrachtet man hingegen die Veränderung der Risikoprämien auf Basis der Bundrenditen, so haben sich diese in den zurückliegenden vier Wochen über fast alle Segmente hinweg verringert. Einzige Ausnahme bilden die Staatsanleihen, deren Risikoaufschläge auch hier leicht zugenommen haben. Die unterschiedliche Entwicklung ist auf einen deutlichen Rückgang des Bund-Swap-Spreads zurückzuführen. Der Renditeaufschlag der Swapsätze gegenüber den entsprechenden Bundrenditen hat sich in den vergangenen Wochen deutlich verringert und am aktuellen Rand handeln die Swapsätze sogar unterhalb der Bundrenditen - eine absolut neue Situation im Euro-Rentenmarkt. Somit schlägt die Kompassnadel im Rentenmarkt derzeit recht unterschiedlich aus und macht eine Einordnung der Gemütsverfassung der Investoren schwierig.

 

Gegen einen deutlichen Anstieg der Risikoaversion im Rentenmarkt spricht aber, dass die CDS-Preise, also die Preise für Versicherungen gegen Zahlungsausfälle, zuletzt in der Tendenz nicht zugenommen haben. Darüber hinaus haben die Risikoprämien in den sehr riskanten High-Yield-Anleihen in den vergangenen Wochen abgenommen. Allerdings präsentieren sich die Marktteilnehmer aktuell auch unentschlossen. So hat sich der Bund-Future in den vergangenen Handelstagen zwar viel bewegt, am Ende des Tages jedoch nur wenig Veränderung im Niveau gezeigt.

 

Diese Unentschlossenheit ist gut nachvollziehbar. Auf der einen Seite droht durch die Wahl von Donald Trump als zukünftigen US-Präsidenten ab dem kommenden Jahr Unsicherheit in der Weltwirtschaft und der geopolitischen Lage. Das spricht tendenziell für höhere Risikoprämien im Rentenmarkt. Auf der anderen Seite könnte die Europäische Zentralbank den Leitzinssenkungszyklus beschleunigen, um den anhaltenden konjunkturellen Problemen in der Eurozone entgegenzusteuern. In diesem Szenario könnten die Zinsen auf längere Sicht sinken. Investoren könnten dazu übergehen, die aktuell höheren Renditen in ihren Portfolios zu sichern, was am Ende tendenziell für stabile oder niedrigere Risikoaufschläge, gerade auch in den riskanteren Anleihesegmenten, spricht. Welchen Weg der Rentenmarkt einschlagen wird, bleibt abzuwarten und er dürfte von der Marschroute der neuen US-Regierung maßgeblich beeinflusst werden.

 

-- Günther Scheppler