Frankreich: Links blinken, rechts abbiegen
Eine neue Regierung in Paris steht – aber ohne Parlamentsmehrheit und um den Preis eines Bruchs zwischen Liberalen und Linken. Die Mehrheitsbeschaffung für Premier Barnier wird schwer.
Nach zwei Wochen politischen Tauziehens steht Frankreichs neue Regierung – der ehemalige Brexit-Unterhändler und Republikaner Michel Barnier präsentierte am Wochenende sein Kabinett aus überwiegend liberalen und konservativen Regierungsmitgliedern. Die linke Fraktion stellt, konträr zum Wahlsieg, einzig die Justizministerin.
Damit ist Macrons Plan nach den Neuwahlen missglückt, das linke Wahlbündnis NFP zu spalten und moderate linke Kräfte in ein breites Bündnis mit Liberalen und Konservativen zu drängen. Einzig die politische Einheit von Linken und Liberalen gegen den rechtspopulistischen RN ist zerbrochen. Auf eine breite parlamentarische Unterstützung durch die NFP braucht die Regierung daher kaum zu hoffen, während Liberale und Konservative mit zusammen 198 Sitzen weit von einer absoluten Parlamentsmehrheit (289 Sitze) entfernt sind. Trotz eines anderslautenden Wahlkampfs ist Macrons Regierung für Mehrheiten nun ausgerechnet auf den rechtspopulistischen RN angewiesen. Dieser dürfte an einer Zusammenarbeit aber wenig Interesse haben, nachdem a) Macron zuvor alles unternommen hatte, einen RN-Wahlsieg zu verhindern und b) kein RN-Politiker an der neuen Regierung beteiligt ist. Frankreich hat damit eine Minderheitsregierung ohne Aussicht auf eine belastbare parlamentarische Mehrheit – diese Konstellation spricht gegen stabile Verhältnisse.
Eine erste Herausforderung für Premier Barnier stellen das ausufernde Haushaltsdefizit in diesem Jahr sowie die Planungen für das Budget 2025 dar. Da ein Defizitverfahren gegen Frankreich anhängig ist, wäre eigentlich eine Konsolidierung der Staatsfinanzen geboten. Weder die NFP noch der RN werden aber unpopulären Kürzungen oder Steuererhöhungen zustimmen. Vielmehr droht sogar, dass erfolgte Reformen zurückgedreht werden – obwohl in politisch konträreren Lagern, könnten RN und NFP an einem Strang ziehen und die 2023 erfolgte Anhebung des Renteneintrittsalters rückgängig machen.
Risikoaufschläge weiten sich aus
Die gescheiterte Zusammenarbeit zwischen Liberalen und Linken sowie die ungünstigen fiskalischen Aussichten führen derzeit zu einem Anstieg der Risikoaufschläge von französischen Staatsanleihen. Für zehnjährige Laufzeiten ist dieser inzwischen auf 0,8 Prozentpunkte gegenüber Bundesanleihen angewachsen. Kommt es zu den erwarteten politischen Querelen rund um die Haushaltsplanung, ist sogar ein weiterer Anstieg denkbar.
-- Daniel Lenz