Autosektor im Krisenmodus

Zuletzt häuften sich in der Branche die Negativschlagzeilen. Viele Problemfelder sind nicht neu, allerdings verläuft vor allem die unterstellte Konsumerholung deutlich schleppender als erwartet.

 

Am Markt für Unternehmensanleihen kletterte der durchschnittliche Risikoaufschlag des Automobilsektors zuletzt auf den höchsten Stand seit knapp zwei Jahren. Auslöser der Entwicklung war insbesondere die angekündigte deutliche Verschärfung des Sparkurses beim VW-Konzern. Weitere Negativschlagzeilen führten zu einer nochmals erhöhten Verunsicherung und der Sektor schaltete endgültig in den Krisenmodus. Wie berechtigt sind die Sorgen um die Branche? Beim Versuch, diese Frage zu beantworten, kann unseres Erachtens eine differenzierte Betrachtung der bereits länger bekannten Fakten sowie der neuen Entwicklungen helfen.

 

Konjunkturell hat sich die Indikatorenlage in den Hauptmärkten zuletzt abgeschwächt. Vor diesem Hintergrund trüben sich auch die Absatzerwartungen für den Sektor ein – insbesondere in China. Angesichts der Bedeutung des Marktes könnte dies kurzfristig durchaus sichtbare Bremsspuren in der operativen Performance der Konzerne hinterlassen. Bisher beruhten die Erwartungen für das Gesamtjahr 2024 vor allem auf einer klaren Verbesserung in H2. Diese dürfte nun deutlich gedämpfter ausfallen, obschon teilweise positive Effekte aus verschiedenen Modelloffensiven zu erwarten stehen. Das Verlassen der eigentlich für H1 angenommenen Talsohle könnte sich verzögern. Der gleichzeitig zu schulternde Wandel in der Antriebstechnologie ist eine zusätzliche – aber in weiten Teilen planbare – Bürde. Hier gilt es unseres Erachtens zu differenzieren zwischen einem stockenden Markthochlauf in Europa, welcher zumindest kurzfristig „lösbar“ erscheint, und einer nachhaltigen Herausforderung in China, die teilweise Strategieanpassungen und dementsprechend Zeit sowie Aufwand erfordert. In diesem wenig erbaulichen Umfeld – ebenfalls seit längerem bekannte – Überkapazitätsprobleme anzugehen, erscheint auch unter politischen Aspekten opportun. Schließlich sei noch positiv angemerkt, dass für die Finanzprofile der von uns betrachteten Hersteller zuletzt insgesamt eine solide Verfassung zu konstatieren war. Damit dies auch mittelfristig so bleibt, bedarf es allerdings auch einer gewissen Marktaufhellung sowie einer strikten Kostendisziplin – erst recht bei einem beschleunigtem Markthochlauf von E-Fahrzeugen. Kurzum: Vorsicht ist für den Sektor sicherlich geboten, Panik erscheint uns (vorerst) allerdings übertrieben.

 

--- Markus Roß


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