China: Schwache Binnennachfrage überlagert jüngste Exporterfolge

Chinas Wirtschaftswachstum bremst im zweiten Quartal deutlich im Vergleich zum kräftigen Jahresauftakt ab. Vor allem der schwache Konsum und die anhaltende Immobilienkrise haben der exportgetragenen Konjunkturerholung einen Dämpfer verpasst.

 

 

Der chinesische Konjunkturmotor läuft unrund, das zeigen die jüngsten Zahlen zum Wirtschaftswachstum überdeutlich. Die Konjunkturerholung hat im zurückliegenden zweiten Quartal einen kräftigen Rückschlag hinnehmen müssen. Mit nur noch 0,7% (Q/Q) hat sich das Vorquartalswachstum gegenüber dem kräftigen Jahresauftakt überraschend mehr als halbiert. Auch im Vorjahresvergleich bremste das Wirtschaftswachstum erkennbar von 5,3% im ersten Quartal auf 4,7% (J/J) ab. Die Wirtschaft wird zwar weiterhin von einer gut laufenden Export- und Industriekonjunktur getragen. Chinas Exporte übertrafen ihr Vorjahresniveau im zweiten Quartal preisbereinigt um fast 10%, die Industrieproduktion legte um rund 6% zu und das Industrieklima ist robust. Auf der anderen Seite lastet die Krise im Immobiliensektor immer noch schwer auf der Konjunktur. Nicht nur der Wohnungsbau steckt weiter tief in der Rezession. Die Krise strahlt auch auf den privaten Konsum aus, der sich im Verlauf des Frühjahrs erneut abgeschwächt hat. Die lahmende Binnenkonjunktur spiegelt sich in schwachen Importen wider, die zuletzt leicht schrumpften, sowie in einer Verbraucherpreisentwicklung am Rande der Deflation. Die Konjunktur bleibt tief gespalten.

 

Der Auftakt für eine anhaltende Schwächephase dürfte der aktuelle Wachstumsdämpfer aber (noch) nicht sein. Noch besitzt der Außenhandel Schwung, das zeigen die kräftigen Wachstumsraten aus der Exportindustrie zum Ende des zweiten Quartals. Gleichzeitig hatte das Ende Mai eingeführte staatliche Wohnungskaufprogramm bislang wenig Zeit, eine stabilisierende Wirkung auf den Immobilienmarkt zu entfalten. Das Wirtschaftswachstum dürfte daher im begonnenen Quartal wieder anziehen und im Gesamtjahr 2024 leicht über 5% liegen. Mittelfristig allerdings dürfte die Exportoffensive, die ihre Absatzerfolge vor allem staatlich subventionierter Rabatte verdankt, an Schubkraft verlieren. Dazu dürften vor allem angekündigte bzw. bereits eingeführte Zölle auf Importe aus China in den wichtigsten Zielländern USA und EU beitragen. Im kommenden Jahr dürfte Chinas Wirtschaftswachstum auf 4,2% abbremsen.

 

Für die chinesische Staatsführung, die ab heute zum „Dritten Plenum“, der wichtigsten Sitzung im 5-Jahres-Kanon der Wirtschaftssteuerung, zusammenkommt, sollten die aktuellen Konjunkturzahlen und die längerfristig getrübten Wachstumsaussichten Anlass genug sein, wichtige Wirtschaftsreformen in Angriff zu nehmen. Vor allem eine Stärkung des privaten Konsums durch Reformen in den sozialen Sicherungssystemen wird seit Jahren von internationalen Organisationen angemahnt. Ob sich die Parteispitze um Präsident Xi jedoch dazu durchringt, ist fraglich. Wahrscheinlicher sind fiskalische Konjunkturstimuli, die das Wachstum nur kurzfristig stützen werden.

 

-- Monika Boven


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