Wilders Niederlande werden wahr

Der rechtspopulistische Vorreiter Geert Wilders schmiedet in Den Haag eine rechtskonservative Regierung – neue Konflikte mit der EU sind vorprogrammiert.

 

 

Punktlandung – am 15. Mai um Mitternacht endete die letzte Chance für Geert Wilders, eine neue, rechtskonservative Regierung für die Niederlande unter Führung seiner rechtspopulistischen PVV zu bilden. Und tatsächlich konnte er noch am selben Tag eine Einigung mit drei weiteren Parteien verkünden: Den Rahmenvertrag der geplanten Koalition unterzeichneten der liberale VVD des bisherigen Premiers Rutte sowie die beiden Newcomer NSC (mit dem beliebtesten niederländischen Politiker Peter Omtzigt) und BBB, die als Bauern-Protestpartei die Provinzwahlen im März 2023 überraschend gewonnen hatte.

 

Der Wille zur ersten Regierungsbeteiligung war bei Wilders so groß, dass er im März sogar den Anspruch auf den Posten des Premierministers fallen ließ, um den Koalitionsverhandlungen zum Erfolg zu verhelfen. Diesem Vorbild folgend werden auch die drei anderen Fraktionschefs nicht in das neue Kabinett vorrücken. Vielmehr sollen die Ministerämter mit Expertise besetzt und eine halbe Technokratenregierung installiert werden, die die Koalitionspolitik umsetzt.

 

Unmittelbar vor den Europawahlen am 9 Juni gelang Wilders damit ein symbolträchtiger Sieg, der in Europa die Grenzen im rechten Parteienspektrum weiter erodieren lässt – die Mitte-rechts-Parteien öffnen sich für die Parteien von rechts außen. Für die Zusammenarbeit in der EU sind das keine guten Vorzeichen – und der beschlossene Rahmenvertrag zeigt bereits neue Konfliktlinien: Per Dekret soll der Zustrom an Asylsuchenden in die Niederlande unmittelbar erschwert werden, während auf EU-Ebene angestrebt wird, von einer gemeinsamen Asyl- und Migrationspolitik ausgenommen zu werden. Beim Thema Landwirtschaft beabsichtige man gar „alle Register“ zu ziehen, um Druck auf die EU auszuüben und die europäischen Richtlinien anzupassen.

 

Haushaltspolitisch soll unter der neuen rechtskonservativen Regierung ein etwas weniger expansiver finanzpolitischer Kurs gefahren werden als unter Rutte. Zwar würde der Faktor Arbeit über die Einkommensteuer entlastet, die obligatorische Selbstbeteiligung im Gesundheitswesen halbiert und die Kinderbetreuung für Eltern nahezu kostenfrei gestellt werden. Es sind aber auch Einsparungen geplant, die über die geplanten Mehrausgaben um insgesamt 4,7 Mrd. Euro hinausgehen. Damit werden die Niederlande angesichts einer im EU-Vergleich niedrigen Schuldenquote von 46,5% des BIP im Jahr 2023 noch länger einen gesunden, fiskalischen Spielraum haben. Entsprechend gelassen vernahmen auch niederländische Staatsanleihen Wilders Koalitionsankündigung – gegenüber deutschen Bundesanleihen schnitten sie marginal besser ab.

 

-- René Albrecht

-- Matthias Schupeta