Kommunalwahlen Türkei: AKP bekommt Denkzettel verpasst

Bei den türkischen Kommunalwahlen hat die Regierungspartei AKP am Sonntag von den Wählern einen Denkzettel verpasst bekommen. Ursächlich hierfür dürfte in erster Linie die anhaltende Inflationskrise sein, die die Bevölkerung des Landes massiv belastet. Für Staatspräsident Erdogan und seine AKP geht es nun um die Aufarbeitung der Wahlniederlage. Wünschenswert wäre es, wenn das Staatsoberhaupt endlich die dringend benötigten Strukturreformen angehen und hierbei die Notenbank weiter ihre Arbeit machen lassen würde.

 

Das Bild stellt ein Diagramm dar, das die Inflationswerte in der Türkei von 2018 bis 2024 zeigt. Es gibt drei Linien in verschiedenen Farben:

1. **Gesamtinflation** (orangene Linie): Diese Linie stellt die allgemeine Inflationsrate in der Türkei dar und zeigt einen deutlichen Anstieg insbesondere im Jahr 2021, mit einem anschließenden Rückgang und dann wieder einem Anstieg bis 2024.

2. **Kerninflation** (blaue Linie): Diese Linie zeigt die Kerninflation, die möglicherweise die Inflationsrate ohne volatile Elemente wie Energie- und Lebensmittelpreise darstellt. Auch diese Linie zeigt einen ähnlichen Verlauf wie die Gesamtinflation.

3. **Inflationsziel TCMB** (schwarze Linie mit Punkten): Diese Linie zeigt das gesetzte Inflationsziel der türkischen Zentralbank (TCMB), welches deutlich unter den tatsächlichen Inflationsraten liegt.

Das Diagramm verdeutlicht die anhaltende Inflationskrise, die die türkische Bevölkerung erheblich belastet, indem es den Unterschied zwischen den tatsächlich erlebten Inflationsraten und dem gesetzten Ziel der türkischen Zentralbank zeigt. 

Die Quelle des Diagramms ist Bloomberg und Deutsche Zentralbank (DZ BANK).

 

Bei den türkischen Kommunalwahlen ist die Regierungspartei (AKP) von Präsident Erdogan als Verliererin vom Platz gegangen. So ist es ihr nicht gelungen, die Rathäuser in den Metropolen wie Istanbul oder Ankara politisch von der Opposition zurückzugewinnen. Erschwerend kommt hinzu, dass die Vertreter der sozialdemokratischen Opposition (CHP) sogar noch mehrere Städte und Provinzen für sich gewinnen konnten, die bisher fest in der politischen Hand der AKP waren. Aktuellen Hochrechnungen zufolge kommt die CHP landesweit auf 37,8% und die regierende AKP auf 35,5% der Stimmen. In Istanbul, die politische Rückgewinnung des dortigen Rathauses war dem Staatpräsidenten ein besonderes Anliegen, votierten sogar 51,1% der Wähler für die CHP und nur 39,6% für die AKP. Staatschef Erdogan räumte die Wahlniederlage seiner Partei ein und versprach, ohne ins Detail zu gehen, Fehler zu korrigieren und Unzulänglichkeiten zu beseitigen. Die türkische Lira begrüßte den Wahlausgang, geht doch mit diesem Ergebnis die längerfristige Hoffnung auf einen Politikwechsel in der Türkei einher. Eine Kandidatur des Bürgermeisters von Istanbul, Imamoglu (CHP), bei der Präsidentschaftswahl 2028 könnte nach dem Urnengang vom Sonntag wahrscheinlicher geworden sein.

 

Die Kommunalwahlen wurden als Stimmungstest für die Politik des Staatspräsidenten gesehen. Dass die Wähler der AKP einen Denkzettel verpasst haben, dürfte in erster Linie der anhaltenden Inflationskrise geschuldet sein. Aber auch die seit der Wiederwahl von Staatspräsi­dent Erdogan im Mai 2023 massiv gestiegenen Kreditkosten sollten hierzu beigetragen haben. So hob die türkische Notenbank (TCMB) die Leitzinsen angesichts des sich erneut eingetrübten Inflationsausblicks im März marktseitig überraschend erneut um 500 Bp auf nun 50% (One-Week Repo Rate) an. Insgesamt strafften die Währungshüter die geldpolitischen Zügel seit der Wiederwahl von Staatschef Erdogan bislang um unglaubliche 4.150 Bp.

 

Für Staatspräsident Erdogan und seine AKP geht nun um die Aufarbeitung der Wahlniederlage. Wünschenswert wäre es, wenn das Staatsoberhaupt endlich die dringend benötigten Strukturreformen angehen und hierbei die TCMB weiter ihre Arbeit machen lassen würde. Denn kommen marktseitig erneut auch nur die geringsten Zweifel daran auf, dass die türkischen Währungshüter ihren Kurs halten dürfen, wären erneute Kursverluste der Lira unserer Ansicht nach unausweichlich.

 

                                                                                                                                -- Dr. Sandra Striffler