Euro-Raum Disinflation: EZB Zielmarke in greifbarer Nähe
Die EWU-Inflation nähert sich mit 2,4% dem EZB-Ziel. Allerdings ist die Entwicklung in den Euroländern uneinheitlich. Der Verlauf der Teuerung könnte in den kommenden Monaten etwas holprig werden.
Die Euro-Raum Inflation nähert sich weiter der EZB-Zielmarke von 2%. Im März lag die jährliche Rate bei „nur“ noch 2,4%, nach 2,6% im Februar. Die um Nahrungsmittel und Energie bereinigte Kernrate rutscht erstmals seit dem Februar 2022 wieder unter die 3%-Schwelle auf 2,9%.
In den einzelnen Ländern des Euro-Raums zeigt sich allerdings kein einheitliches Bild. Während die Inflation in den beiden großen Volkswirtschaften Deutschland und vor allem Frankreich weiter zurückging, stieg sie in südeuropäischen Ländern wie Italien, Spanien und Portugal zum Teil wieder merklich an. Ein wesentlicher Grund für diese gegenläufige Entwicklung liegt vor allem auch in den Preisen für Energiegüter. So wurden beispielsweise in Spanien die infolge des Krieges in der Ukraine zunächst gestiegenen und dann wieder gesunkenen Strom- und Gaspreise relativ zeitnah an die Endverbraucher weitergegeben. In Deutschland wirken diese Prozesse aufgrund der längeren Vertragslaufzeiten in der Regel mit einer Verzögerung von mehreren Monaten, so dass die Energieverbraucherpreise hierzulande erst in den letzten Monaten leicht gesunken sind. In einigen südeuropäischen Ländern stabilisieren sich die Preise nach dem dort vorangegangenen Rückgang dagegen bereits wieder auf einem niedrigeren Niveau. Im Falle Spaniens verringert sich damit der negative Beitrag der Energiepreise im Vorjahresvergleich, so dass die Gesamtinflationsrate am aktuellen Rand wieder ansteigt.
Dieser Energiepreiseffekt einzelner südlicher Euroländer ist jedoch nicht der einzige Faktor, der dem aktuellen Disinflationsprozess im Euro-Raum entgegensteht. Der Ölpreis der Sorte Brent näherte sich zuletzt der Marke von 90 US-Dollar an, nachdem er vor einem Jahr noch sichtbar unter die Marke von 80 US-Dollar rutschte. Hohe Lohnabschlüsse in vielen Euroländern haben zudem das Potenzial vor allem im Dienstleistungssektor Aufwärtsdruck auf die Preise auszuüben. Mit Blick auf Deutschland dürfte außerdem die Anhebung des ermäßigten Mehrwertsteuersatzes auf Gas und Fernwärme von 7% auf 19% ab April den Energiepreisen wieder Aufwind geben. Dadurch dürfte der Gaspreis „schlagartig“ um 11% steigen. Als größtes Euro-Mitgliedsland könnte dies auch einen messbaren Effekt auf das Eurozonen-Aggregat haben. Die Fortsetzung des zuletzt zu beobachtenden Abwärtstrends der EWU-Inflation ist in den kommenden Monaten somit nicht unbedingt ein stabiler Prozess. Der weitere Verlauf der Teuerung kann durchaus noch etwas holprig werden.
-- Matthias Schupeta