Deutsche Staatsschulden: Langfristige Tragfähigkeit auf dem Prüfstand

Deutschland hat langfristig ein Problem mit steigenden Sozialausgaben, die massiv auf der Schuldenstandsquote lasten werden. Um rechtzeitig gegenzusteuern, müssen das Wirtschaftswachstum durch Reformen gestärkt werden und das Verhältnis von Sozialausgaben und Wirtschaftsleistung nachhaltig im Einklang miteinander stehen.
 

Das Bild stellt ein Diagramm dar, das die Prognose der in Prozent des BIP gemessenen Ausgaben für demografisch abhängige Bereiche über einen Zeitraum von 2020 bis 2070 zeigt. Es visualisiert, wie unterschiedliche sozialpolitische Komponenten im Laufe der Jahre erwartet werden zu wachsen oder sich zu ändern. Die Bereiche sind:

**1. Altersvorsorge:**
   - **Dargestellt durch:** eine signifikante orange Fläche
   - **Entwicklung:** zeigt einen stetigen Anstieg der Kosten

**2. Krankenversicherung:**
   - **Dargestellt durch:** eine graue Fläche
   - **Entwicklung:** steigt kontinuierlich über den gesamten Zeitraum

**3. Pflegeversicherung:**
   - **Dargestellt durch:** eine blaue Fläche
   - **Entwicklung:** Erhöhung wird erwartet, jedoch nicht so drastisch wie Altersvorsorge

**4. Arbeitslosengeld und Grundsicherung:**
   - **Dargestellt durch:** eine dunklere graue Fläche
   - **Entwicklung:** relativ stabile Ausgaben

**5. Bildung und Familie:**
   - **Dargestellt durch:** eine dünne braune Linie am unteren Bereich
   - **Entwicklung:** bleibt über den Zeitraum relativ konstant, jedoch mit geringem Anteil am Gesamtbudget

Das Diagramm unterstreicht Besorgnisse über die wachsenden demografischen Ausgaben, die Einfluss auf die Förderung und Stabilität derzeitiger sozialpolitischer Systeme haben können. Es illustriert die notwendige Anpassung der Finanzierung, um langfristig diese Verpflichtungen zu erfüllen und auf demografische Trends zu reagieren.


An schlechten Nachrichten zum Thema Bundeshaushalt und Staatsschulden mangelte es in den vergangenen Monaten nicht. Für den jüngsten Paukenschlag sorgte der „Sechste Bericht zur Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen“ des Bundesfinanzministeriums. Die Schreckensnachricht: Bis zum Jahr 2070 könnte Deutschlands Schuldenstandsquote bis auf Schwindel erregende rund 350% steigen. Selbst das hochverschuldete Japan ist von solchen Zahlen noch weit entfernt. Steuert also ausgerechnet der fiskalpolitische Musterschüler der Eurozone auf eine Schuldenspirale zu?

 

Wie so oft beginnt die Antwort aus volkswirtschaftlicher Sicht mit „Es kommt darauf an“. Kurz- bis mittelfristig, also auf Sicht von fünf Jahren, sind die Aussichten für die Staatsfinanzen sogar ausgesprochen gut. Bundesregierung und IWF sind sich einig, dass Deutschlands Schuldenstand bis 2027 deutlich sinken und sogar die Maastricht-Regel einer maximalen Gesamtverschuldung von 60% des Bruttoinlandsprodukts wieder einhalten wird. Der Preis des Sparens: Deutschland schnallt auch in der Krise den Gürtel enger. Dabei setzt Berlin die fiskalischen Prioritäten nur unzureichend bei Investitionen oder dringend notwendigen Verbesserungen der Wettbewerbsfähigkeit (beispielsweise durch Senkung der Steuern für Kapital- und Personengesellschaften). Deutschlands Kapitalstock droht weiter zu veralten und das Potenzialwachstum zu sinken. 

 

Die aktuelle Spardiskussion hat aber auch ihre gute Seite, da sie vermeintliche sozialpolitische Selbstverständlichkeiten zumindest infrage stellt. Denn der Kern des Problems für die langfristige Schuldentragfähigkeit Deutschlands (über den Fünfjahreshorizont hinaus) werden vor allem die dann explodierenden Ausgaben für Rente und Gesundheit in einer alternden und schrumpfenden Gesellschaft sein – bis zum Jahr 2070 könnte der Anteil der ab 67-Jährigen in Deutschland auf 30 Prozent steigen. Auffallend hierbei: Je nach Modellannahmen des Tragfähigkeitsberichts setzt früher oder später ein exponentieller Anstieg der Schuldenstandsquote ein, der sich womöglich auch nicht mehr problemlos refinanzieren ließe, weil Investoren ihrerseits zu große Zweifel an der Nachhaltigkeit bekommen dürften. Spätestens dann ließe sich das System in der jetzigen Form nicht mehr aufrechterhalten.

 

Damit es gar nicht erst soweit kommt, liegen die Antworten für die langfristige Erhaltung der Schuldentragfähigkeit auf der Hand: Zum einen muss das Potenzialwachstum durch eine höhere Attraktivität des Standortes für Unternehmen, Beschäftigte und internationale Fachkräfte gestärkt werden, indem Bürokratie und Steuern gesenkt und Investitionen in die Infrastruktur erhöht werden. Zum anderen sollten die Sozialausgaben auch in einer alternden Gesellschaft weiterhin in einem angemessenen Verhältnis zur Wirtschaftsleistung stehen.

 

-- Daniel Lenz