Bye, bye Libor

Eine Ära endet – der Libor wird endgültig abgeschaltet. Von den alten, panel-basierten Geldmarktsätzen bleibt der Euribor erhalten, der seine Existenzberechtigung verteidigt.
 

Christian Bittar – den Namen schon mal gehört? Dann haben sie wahrscheinlich schon einige Krisen erlebt. Bittar entsprach dem Bild des skandalösen Investmentbankers, das sich nach der Finanzkrise 2008 gebildet hatte. Denn als Mitarbeiter im Geldhandel einer Bank sprach er sich unerlaubt mit Kontrahenten ab und konnte so einen Geldmarktsatz zu seinem Vorteil beeinflussen. Das Ganze wurde 2012 als Libor-Skandal bekannt.

 

Der Libor (London Interbank Offered Rate) selbst war eine Erfindung der 1980er Jahre und entwickelte sich für viele Währungen zum Referenzzins für kurzfristige Darlehen. Seine einfache Verfügbarkeit war ein enormer Effizienzgewinn und ermöglichte seine Verbreitung bis in die privaten Haushalten und Unternehmen. Der Libor hatte nur einen Haken – er basierte auf Meldungen der Banken über ihre kurzfristigen Zinskosten. Das machte ihn anfällig für Manipulationen, denn die Meldung konnte von den eigentlichen Kosten abweichen. Die G20-Staaten entschieden daraufhin, den Libor aufs Abstellgleis zu schicken und neue Geldmarktsätze zu entwickeln, die dem Finanzsystem ein stabiles Fundament bereitstellen können.

 

Jetzt gilt es „Bye, bye Libor“ zu sagen: Am 30. Juni endet seine Regentschaft. Während er in anderen Währungen bereits Ende 2021 abgeschaltet wurde, gab es für den USD-Libor bis zu diesem Tag eine Ausnahmeregelung. Danach übernehmen andere Geldmarktsätze dessen Stellung, zumeist der SOFR (Secured Overnight Financing Rate), dem empfohlenen, alternativen Referenzzins.

 

Im Kleinen lebt der Libor weiter – als Euribor (Euro InterBank Offered Rate). Dieser war nie Bestandteil der Libor-Familie und die EU-Regulatoren haben Rahmenbedingungen für seinen Fortbestand geschaffen. Hierzu zählen u. a. ein dreistufiges Meldesystem, eine wasserdichte Nachfolgeregelung sowie eine Art TÜV, der auch einen ausreichend großen Kreis meldender Banken (das Panel) prüft. Denn der Euribor hat Vorteile: Während sich in den USA nun nicht nur ein, sondern verschiedene Referenzzinsen gegenseitig Konkurrenz machen, gibt es im Euroraum mit dem Euribor weiterhin einen großen Liquiditätspool mit gewachsenen Strukturen, den viele Kontraktparteien akzeptieren. Damit dies so bleibt, müssen die Panel-Banken allerdings weiterhin bereit sein, an der Preisfeststellung des Euribor mitzuwirken. Denn es ist wie beim Auto – wenn es nicht gepflegt wird, zieht es der TÜV irgendwann aus dem Verkehr.

 

-- René Albrecht