In Spanien setzt Sánchez alles auf eine Karte
Nach einem schlechten Abschneiden bei den Regional- und Kommunalwahlen vom vergangenen Sonntag überrascht der spanische Premier gestern mit der Ankündigung von Neuwahlen.
Der spanische Premier Pedro Sánchez hat gestern überraschend nach Rücksprache mit König Felipe VI. entschieden, das Parlament aufzulösen und Neuwahlen für den 23. Juli anzusetzen. Eigentlich hätten die nächsten Parlamentswahlen erst Ende des Jahres, im Dezember, stattfinden sollen. Sánchez reagiert damit auf das schlechte Abschneiden seiner Sozialistenpartei, PSOE, bei den Regional- und Kommunalwahlen vom vergangenen Sonntag. Der politische Kontrahent der Sozialisten, die konservative PP, gewann die Regionalwahlen in über der Hälfte der zwölf Autonomen Gemeinschaften. Zwar erreichte die PSOE bei den Wahlen in über 8000 Kommunen 28,12% der Stimmen – ein Rückgang von lediglich 1,3 Prozentpunkten gegenüber den letzten Kommunalwahlen im Jahr 2019. Allerdings konnte die PP 31,53% der Stimmen für sich gewinnen – ein deutlicher Anstieg von 8,9 Prozentpunkten.
Sánchez setzt mit den vorgezogenen Wahlen wieder alles auf eine Karte. Sein Kalkül hinter der überraschenden Ankündigung ist es, der PP das politische Momentum zu rauben und eine Konsolidierung der Kräfte des rechten Lagers bis zum eigentlichen Termin im Dezember zu verhindern. Sánchez baut stark auf den Umstand, dass der Erfolg der PP auch auf die fast vollständige Erosion der Mitte-rechts Ciudadanos-Partei zurückgeht. Zudem hat die rechtspopulistische VOX Stimmen verloren. Die PP profitierte so in besonderem Maße von Verschiebungen innerhalb des rechten Lagers. Diese Taktik von Neuwahlen ist für den Sozialisten Sánchez dabei nichts Neues. Bereits nachdem Sánchez 2018 durch ein erfolgreiches konstruktives Misstrauensvotum gegen den Ex-Premier Rajoy das Amt des Regierungschefs übernahm, setzte er nur einige Monate später im Jahr 2019 auf Neuwahlen. Ende 2019 (bei einer weiteren Neuwahl) war er dann in der Lage, linke und progressive Wähler mehrheitlich zu mobilisieren und die Wahl für sich zu gewinnen.
Kapitalmarktteilnehmer dürften die Neuwahlen in Spanien nicht fürchten – Wahlen hätten in diesem Jahr ohnehin stattgefunden. Die jüngsten Ereignisse können für Investoren zudem kaum einen schlechten Ausgang nehmen: Geht die Taktik von Sánchez auf, kann Spanien auf politische Kontinuität setzen. Gelingt es Sánchez allerdings nicht, eine Regierung der konservativen PP zusammen mit der rechtspopulistischen VOX zu verhindern, sollte das rechte Lager insbesondere einen nachhaltigeren Fiskalpfad einschlagen. Die Regierung Sánchez reizt den Fiskalrahmen des Landes stark aus. Vor allem im Vergleich zu Portugal hat sich die langfristige Schuldentragfähigkeit daher zuletzt schlechter entwickelt. Zwar hat Fitch noch kurz vor den Regional- und Kommunalwahlen ihr Rating bei A- mit stabilem Ausblick bestätigt, allerdings lastet die Fiskalpolitik des Landes bereits auf dem Bonitätsprofil.
-- Sebastian Fellechner