Lebensmitteleinzelhandel: Fallende Margen trotz steigender Preise

Harter Wettbewerb, vor allem durch Discounter, beschränkt die Preissetzungsmacht der Supermärkte

 

 

Waren es zunächst die Energiepreise, welche die Inflation angetrieben haben, sind mittlerweile Nahrungsmittel zum größten Treiber der hohen Teuerungsrate in der Eurozone geworden. Im März 2023 waren Lebensmittel im gemeinsamen Währungsraum im Schnitt 17,9% teurer als noch vor einem Jahr, was deutlich über der Gesamtinflationsrate von 6,9% liegt. Besonders stark war der Preisanstieg bei Molkereiprodukten (+25,8%) sowie bei Ölen und Fetten (+24,0%), während die Teuerung bei Obst (+8,1%) sowie Kaffee, Tee und Kakao (+11,7%) unterdurchschnittlich ausfiel. Bei Molkereiprodukten spielt die hohe Energieintensität eine wichtige Rolle bei der Preisentwicklung. Bei Ölen und Getreide ist unter anderem das aufgrund des Krieges verknappte Angebot ursächlich für den starken Anstieg der Weltmarktpreise. Wir gehen davon aus, dass die Lebensmittelpreise zunächst weiter ansteigen werden, wenn auch mittelfristig mit einer geringeren Dynamik.

 

Vor diesem Hintergrund ist es nicht verwunderlich, dass Lebensmittelhändler im abgelaufenen Geschäftsjahr deutlich steigende Umsätze berichten konnten. Bei den Unternehmen unserer Coverage (Ahold Delhaize, Carrefour und Tesco) betrug der nominelle Umsatzzuwachs zwischen 7,0% und 15,5%. Das organische Wachstum (ohne Konsolidierungs-, Währungs-, Kalendereffekte und ähnliche Effekte) lag jedoch bei „nur“ 5,1% bis 8,5%. Damit fällt das organische Umsatzwachstum geringer aus als die allgemeine Preissteigerung bei Nahrungsmitteln. Grund hierfür sind rückläufige Mengen (unter anderem Normalisierung des Einkaufsverhaltens nach Corona) sowie ein veränderter Produktmix. Kunden kaufen vermehrt günstige Handelsmarken und weniger teure Premiumprodukte. So stieg beispielsweise der Anteil der Handelsmarken am Gesamtumsatz bei Carrefour von 31,0% Ende 2021 auf 35% im ersten Quartal 2023.

 

Vor allem um sich gegen die Konkurrenz durch Discounter, die im aktuellen Umfeld Marktanteile gewinnen, zu behaupten, haben viele Vollsortimenter die Kostensteigerungen nicht vollumfänglich an die Kunden weitergeben. Daher hatten die drei oben genannten Händler 2022 einen Rückgang ihrer EBITDA-Margen zu verzeichnen. Bei Ahold Delhaize fiel die Marge von 8,4% auf 8,2% bei Tesco von 7,0% auf 6,3% und bei Carrefour von 6,1% auf 5,7%. Angesichts dieser Zahlen kann man aus unserer Sicht nicht pauschal davon sprechen, dass Lebensmittelhändler von der angespannten Situation bei Nahrungsmitteln profitieren. Ausnahmen bestätigen jedoch die Regel.

 

-- Thomas Weber