Lebensmitteleinzelhandel: Fallende Margen trotz steigender Preise

Harter Wettbewerb, vor allem durch Discounter, beschränkt die Preissetzungsmacht der Supermärkte

 

Das Bild stellt ein Diagramm dar, das die Preisentwicklung von Nahrungsmitteln im Vergleich zu einem gesamten Warenkorb in der Eurozone abbildet. Es zeigt einen signifikanten Anstieg der Lebensmittelpreise über einen Zeitraum von 2019 bis 2023. Zwei Linien repräsentieren die Veränderung über die Zeit:

1. **Nahrungsmittel**: Die orange Linie zeigt die Preisentwicklung speziell für Nahrungsmittel. Diese Linie weist einen steilen Anstieg auf, insbesondere um 2022 und 2023, was auf schnelles Wachstum hinweist.

2. **Gesamter Warenkorb**: Die blaue Linie repräsentiert die Preisentwicklung eines gemischten Warenkorbs über denselben Zeitraum. Obwohl auch diese Preise gestiegen sind, ist der Anstieg geringer und weniger steil im Vergleich zu der Linie der Nahrungsmittel.

Das Diagramm verdeutlicht, dass die Preise für Nahrungsmittel im betrachteten Zeitraum deutlich stärker gestiegen sind als die Preise des gesamten Warenkorbs, was zur Überschrift „Nahrungsmittelpreise gehen durch die Decke" passt. Diese Analyse kann wichtige Hinweise für Verbraucher und die wirtschaftspolitische Diskussion liefern. 

Die Quelle des Diagramms ist Eurostat und EZB/IMF Research mit Datenstand Mai 2023. 

Insgesamt vermittelt das Bild einen Eindruck von der Inflation und den Herausforderungen, die mit stark steigenden Lebensmittelpreisen in der Eurozone verbunden sind.

 

Waren es zunächst die Energiepreise, welche die Inflation angetrieben haben, sind mittlerweile Nahrungsmittel zum größten Treiber der hohen Teuerungsrate in der Eurozone geworden. Im März 2023 waren Lebensmittel im gemeinsamen Währungsraum im Schnitt 17,9% teurer als noch vor einem Jahr, was deutlich über der Gesamtinflationsrate von 6,9% liegt. Besonders stark war der Preisanstieg bei Molkereiprodukten (+25,8%) sowie bei Ölen und Fetten (+24,0%), während die Teuerung bei Obst (+8,1%) sowie Kaffee, Tee und Kakao (+11,7%) unterdurchschnittlich ausfiel. Bei Molkereiprodukten spielt die hohe Energieintensität eine wichtige Rolle bei der Preisentwicklung. Bei Ölen und Getreide ist unter anderem das aufgrund des Krieges verknappte Angebot ursächlich für den starken Anstieg der Weltmarktpreise. Wir gehen davon aus, dass die Lebensmittelpreise zunächst weiter ansteigen werden, wenn auch mittelfristig mit einer geringeren Dynamik.

 

Vor diesem Hintergrund ist es nicht verwunderlich, dass Lebensmittelhändler im abgelaufenen Geschäftsjahr deutlich steigende Umsätze berichten konnten. Bei den Unternehmen unserer Coverage (Ahold Delhaize, Carrefour und Tesco) betrug der nominelle Umsatzzuwachs zwischen 7,0% und 15,5%. Das organische Wachstum (ohne Konsolidierungs-, Währungs-, Kalendereffekte und ähnliche Effekte) lag jedoch bei „nur“ 5,1% bis 8,5%. Damit fällt das organische Umsatzwachstum geringer aus als die allgemeine Preissteigerung bei Nahrungsmitteln. Grund hierfür sind rückläufige Mengen (unter anderem Normalisierung des Einkaufsverhaltens nach Corona) sowie ein veränderter Produktmix. Kunden kaufen vermehrt günstige Handelsmarken und weniger teure Premiumprodukte. So stieg beispielsweise der Anteil der Handelsmarken am Gesamtumsatz bei Carrefour von 31,0% Ende 2021 auf 35% im ersten Quartal 2023.

 

Vor allem um sich gegen die Konkurrenz durch Discounter, die im aktuellen Umfeld Marktanteile gewinnen, zu behaupten, haben viele Vollsortimenter die Kostensteigerungen nicht vollumfänglich an die Kunden weitergeben. Daher hatten die drei oben genannten Händler 2022 einen Rückgang ihrer EBITDA-Margen zu verzeichnen. Bei Ahold Delhaize fiel die Marge von 8,4% auf 8,2% bei Tesco von 7,0% auf 6,3% und bei Carrefour von 6,1% auf 5,7%. Angesichts dieser Zahlen kann man aus unserer Sicht nicht pauschal davon sprechen, dass Lebensmittelhändler von der angespannten Situation bei Nahrungsmitteln profitieren. Ausnahmen bestätigen jedoch die Regel.

 

-- Thomas Weber