EZB: Währungshüter folgen ihrer Forward Guidance
Ihrer Forward Guidance folgend hat die EZB den Leitzins um weitere 50 Bp angehoben. Grundlegender Preisdruck bereitet der Notenbank Sorgen. Über die weitere geldpolitische Marschrichtung wird in Abhängigkeit der Datenlage entschieden – weitere Erhöhungen in der Pipeline.
Ungeachtet der jüngsten Turbulenzen am Bankenmarkt haben die europäischen Währungshüter ihrer Forward Guidance folgend den Leitzins um weitere 50 Bp auf nunmehr 3% (Einlagesatz) angehoben. Die Notenbank-Oberen zeigen sich damit weiterhin entschlossen, die Teuerungsrate mittelfristig wieder in Einklang mit dem Inflationsziel zu bringen. Der Unsicherheit an den Kapitalmärkten Rechnung tragend betonen die Währungshüter aber auch, dass im Falle eines Falles Liquiditätshilfen zur Sicherstellung der Finanzstabilität im Euroraum zur Verfügung stehen. Hinsichtlich des weiteren geldpolitischen Kurses äußerte Lagarde, dass man in Abhängigkeit der Datenlage entscheiden werde. Entwickelt sich die europäische Wirtschaft wie von der Notenbank erwartet, sei von weiteren Leitzinserhöhungen auszugehen („more ground to cover“). Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang, dass sich die Marktakteure mit Blick auf die OIS-Swaps skeptisch hinsichtlich weiterer Leitzinserhöhung zeigen. Zum Ende des Jahres implizieren die Markterwartungen ein Leitzinsniveau (Einlagesatz) von lediglich 3%. Wir erachten den Zinserhöhungszyklus als noch nicht beendet. Doch dürfte die EZB bei ihren weiteren geldpolitischen Schritten mit Vorsicht vorgehen und das Zinserhöhungstempo drosseln.
Im Rahmen der März-Ratssitzung hat EZB-Chefin Lagarde die überarbeiteten Projektionen zur Konjunktur- und Inflationsentwicklung vorgestellt. Erfreulich ist in diesem Zusammenhang festzustellen, dass die Stabsmitarbeiter perspektivisch von einem nachlassenden Teuerungsdruck ausgehen. Doch obwohl die Projektionen nach unten revidiert wurden, rückt das Inflationsziel erst im Jahr 2025 in Reichweite. Weniger erfreulich ist, dass der Ausblick für die Kerninflationsrate im laufenden Jahr nach oben revidiert wurde. Die Notenbank verweist in diesem Zusammenhang unter anderem auf einen steigenden Lohndruck. Im Hinblick auf die Konjunkturaussichten zeigen sich die EZB-Stabsmitarbeiter angesichts der gesunkenen Energiepreise für das laufende Jahr etwas zuversichtlicher. Für 2024 und 2025 wurde der Wachstumsausblick angesichts des zunehmend restriktiven geldpolitischen Umfelds allerdings etwas nach unten angepasst.
Unter der Voraussetzung, dass sich die jüngsten Turbulenzen am Bankenmarkt nicht zu einer Finanzkrise ausweiten, wird die Notenbank ihren Zinserhöhungskurs unserer Ansicht nach weiter fortsetzen. Die Notenbank-Oberen betrachten den Kampf gegen die unerwünscht hohe Inflation als noch nicht gewonnen. Wir könnten uns allerdings vorstellen, dass das Zinserhöhungstempo mit Blick auf die nächste Ratssitzung gedrosselt wird.
-- Christian Reicherter