Tuerkische Lira: Die Wahlen werfen ihre Schatten voraus
Der türkische Staatspräsident Erdogan hat Ende letzter Woche offiziell vorgezogene Neuwahlen am 14. Mai angeordnet. Neben dem Parlament wird dann auch das Staatsoberhaupt neu gewählt. Die türkische Lira blickt den Urnengängen mit zunehmender Unsicherheit entgegen, was auch die deutlich gestiegene Differenz zwischen der impliziten Ein- und Dreimonatsvolatilität in USD-TRY eindrucksvoll vor Augen führt.
Nachdem sich bereits in den vergangenen Wochen abgezeichnet hatte, dass Staatspräsident Erdogan die türkischen Präsidentschafts- und Parlamentswahlen um rund vier Wochen auf den 14. Mai vorziehen möchte, ist es nun seit Ende letzter Woche offiziell. Ende Januar haben sich sechs Oppositionsparteien des Landes zu der „Allianz der Nation“ zusammengeschlossen. Sie eint ihr gemeinsames Ziel, Staatspräsident Erdogan und sein Wahlbündnis „Volksallianz“ (AKP, MHP) von der Macht zu verdrängen. Das Oppositionsbündnis hat sich hierbei auf den Vorsitzenden der größten Oppositionspartei, der Republikanischen Volkspartei (CHP), Kilicdaroglu als Herausforderer von Staatspräsident Erdogan bei der Präsidentschaftswahl geeinigt. Aktuellen Umfragen zufolge konnte das Oppositionsbündnis seit den verheerenden Erdbeben Anfang Februar sowie der damit einhergehenden massiven Kritik an dem Krisenmanagement der Regierung Erdogan an Wählerstimmen gewinnen, so dass die Parlamentswahl ein durchaus enges Rennen werden dürfte. Was den Ausgang der Präsidentschaftswahl betrifft, sehen aktuelle Umfragen sogar den Herausforderer Kilicdaroglu vorne. Die Frage nach der Validität dieser Umfragen sollte hierbei jedoch im Hinterkopf behalten werden.
Nach ihren (geld-) politischen Erfahrungen der vergangenen Jahre dürfte die türkische Lira im Falle eines deutlichen Wahlsiegs des Oppositionsbündnisses erst einmal durchatmen, ginge doch damit die marktseitige Hoffnung auf eine längerfristig weniger politisch motivierte Geldpolitik sowie einer Lösung der Wirtschaftskrise einher. Ein Risikofaktor für die Lira stellt hierbei jedoch auf kurze Sicht ein nicht reibungslos verlaufender Amtsübergabeprozess dar. Aber auch die Ungewissheit darüber, ob es den Oppositionsparteien, die der unterschiedlichsten politischen Couleur zuzuordnen sind, gelingen wird, sich auf eine gemeinsame politische Linie zu einigen, könnte zunächst für Unsicherheit sorgen. Hat der politische Alltag dann Einzug gehalten, dürfte zudem klar werden, dass die Beseitigung der zahlreichen TRY-Belastungsfaktoren Zeit braucht. Sollte sich hingegen an den bestehenden Machtverhältnissen nichts Nennenswertes ändern und Staatspräsident Erdogan und seine AKP weiterhin die politischen Zügel in der Hand halten, so dürfte zwar für die Lira zunächst das Thema politische Unsicherheit vom Tisch sein, weiß sie doch in diesem Fall, auf was sie sich einzustellen hat. Dies bedeutet aber auch, dass sie ihre alten Probleme, und hierbei besonders die geldpolitische Bürde, weiter mit sich herumtragen wird. Unserer Ansicht nach dürften dann längerfristig weiter die TRY-Abwärtsrisiken überwiegen.
-- Dr. Sandra Striffler