Ist der Vertrauensverlust bei kleinen US-Banken auch eine Gefahr fuer Europa?

In diesem Blogbeitrag gehen wir auf die Insolvenz dreier US-Banken – Silvergate Bank, Silicon Valley Bank , Signature Bank – aufgrund eines massiven Einlagenabflusses sowie auf die Ansteckungsgefahr dieser Vertrauenskrise für europäische Banken ein.

 

In den USA hat es in den letzten Tagen drei Bankenzusammenbrüche gegeben, die heftige Reaktionen an den Kapitalmärkten auslösten. Allen drei Banken – Silvergate Bank, Silicon Valley Bank (SVB), Signature Bank – wurde zum Verhängnis, dass es einen massiven Einlagenabzug gab und gleichzeitig die zur Liquiditätssicherung vorgehaltenen Wertpapiere aufgrund des starken und zügigen Zinsanstiegs massiv an Wert verloren hatten. Gleichzeitig sorgten die Meldungen für Verunsicherung unter Kunden anderer kleinerer Banken, die dort ebenfalls begannen, ihre Einlagen abzuziehen. Der Zusammenbruch der SVB Bank, Rang 16 unter den größten US-Banken mit Einlagen von 173 Mrd. USD per Ende 2022, war dabei die größte Bankeninsolvenz seit der großen Finanzkrise 2008.

 

Am Wochenende reagierten die US-Aufsichtsbehörden Treasury Department (Finanzministerium), Fed und die Einlagensicherung Federal Deposit Insurance Corporation (FDIC) und legten ein Rettungspaket vor. Dieses bestand im Wesentlichen aus zwei Maßnahmen: Sämtliche Einlagen bei SVB und Signature wurden in voller Höhe garantiert und zudem eine neue Kreditlinie Bank Term Funding Program (BTFP) geschaffen, bei der die Banken gegen Stellung hochwertiger Sicherheiten Mittel mit einer Laufzeit von bis zu einem Jahr aufnehmen können. Die Sicherheiten werden dabei nicht wie üblich zum Marktwert bewertet, sondern zum Nominalwert.

 

Der Zusammenbruch der drei Banken in den USA hat wieder einmal vor Augen geführt, wie sehr das Bankgeschäft auf Vertrauen beruht. Sobald dieses bei Kunden verloren geht, können Banken allen Liquiditäts- und Eigenkapitalvorschriften zum Trotz in existenzielle Schwierigkeiten geraten. In den vorliegenden Fällen kamen dabei mehrere Faktoren zusammen, die teilweise individueller Natur sind und teilweise alle Banken weltweit betreffen. Die drei Banken sind allesamt als Spezialbanken einzustufen, die in bestimmten Nischen aktiv sind und damit besonders anfällig für eine Vertrauenskrise waren. Bei Silvergate Bank und Signature Bank war es die Fokussierung auf Produkte in Kryptowährungen. Durch den starken Preisverfall bei Bitcoin & Co., aber insbesondere auch den Zusammenbruch der Kryptobörse FTX und daraus resultierende Verluste haben die Banken massiv an Kundenvertrauen eingebüßt. SVB ist insbesondere auf Start-up Unternehmen fokussiert, versorgt diese mit Krediten und hält auch deren Einlagen. Dies bedingt damit aber auch, dass diese Einlagen ein höheres durchschnittliches Volumen je Kunde aufweisen als das einer klassischen Privatkundenbank. Da diese Einlagen aber nur bis zu 250.000 USD je Kunde durch die FDIC abgesichert werden, besteht bei diesen Kunden eine größere Gefahr, dass Einlagen in großem Umfang im Krisenfall zu einer anderen Bank transferiert werden, was in den letzten Tagen auch passiert ist.

 

Die Gewinner der aktuellen Vertrauenskrise dürften die großen US-Banken sein. Viele Kunden kleinerer Regionalbanken dürften ihre Einlagen zu den großen Universalbanken transferieren. Solange es nicht zu einem flächendeckenden Ausfall kleiner Banken in den USA kommt, wovon wir nicht ausgehen, sollten sich die Ansteckungseffekte für das europäische Bankensystem in Grenzen halten. Auch wenn davon auszugehen ist, dass Aktienkurse und Creditspreads in den kommenden Tagen und Wochen zunächst noch weiter unter Druck bleiben werden, sollte sich nach und nach die Erkenntnis durchsetzen, dass es keine europäische Bankenkrise geben wird. Der Hauptgrund hierfür ist die unterschiedliche Struktur der Bankenmärkte. Im Gegensatz zu den USA ist der absolute Großteil der kleineren europäischen Banken in (Genossenschafts- und Sparkassen) Verbünden organisiert, die in der Vergangenheit regelmäßig bewiesen haben, dass sie die Stabilität ihrer Mitgliedsinstitute durch Übernahmen, Eigenkapitalmaßnahmen und Liquiditätstransfer innerhalb der eigenen Gruppe sicherstellen. Zudem erfolgt die Refinanzierung überwiegend über kleinvolumige Einlagen von Privatkunden, die in der Regel über die Einlagensicherungen garantiert sind, sodass das Risiko einer massiven Einlagenflucht gering ist.

 

-- Dr. Abdoulaye Aboubakar


Artikel bewerten

Vielen Dank für Ihre Wertung. Ihre Wertung:
Aktuelle durchschnittliche Bewertung des Artikels: 3.21