Öl: Chinesische Nachfrage kommt aus dem Sulky

Der Rohölpreis wird dank steigender Nachfrage aus China wieder über die Marke von 95 USD springen, zum Jahresende sehen wir den Ölpreis bei 100 USD je Barrel.

 

In der letzten Woche beschloss Russland eine Förderkürzung von 0,5 Millionen Barrel pro Tag (MMBD). Zunächst gilt diese nur für März. Der eine Monat wird den Ölmarkt nicht auf den Kopf stellen. Bedeutsamer für die kommenden Monate ist die Ankündigung der OPEC+, dass sie russische Ausfälle nicht ausgleichen wird. Obwohl wir davon ausgehen, dass Russland wegen des vorherrschenden Preisabschlages weiterhin Käufer für sein Öl findet, wird es ob des Preisdeckels, der Sanktionen und Co. schwieriger. Wir erwarten weiterhin eine dadurch knappere Lage am globalen Ölmarkt. In der russischen Förderkürzung für nur einen Monat sehen wir eher ein symbolisches Manöver, um eine Reaktion auf die westlichen Sanktionen zu zeigen. Für 2023 haben wir auf der Angebotsseite insgesamt eine sehr hohe OPEC-Disziplin unterstellt.  

 

Entscheidender für die weitere Preisentwicklung wird ohnehin die Nachfrage in China sein, die unseres Erachtens 2023 wegen der Aufhebung der Null-Covid-Politik aus dem Sulky kommen wird. Dort sind allein 50% mehr Flugzeuge in der Luft als noch im Dezember. Andere hochfrequente Mobilitätsdaten, wie das Verkehrsaufkommen, flackern ebenfalls grün. Zudem bereiten sich die Raffinerien auf eine stärkere Treibstoffnachfrage vor. Der chinesische Einfluss sollte sich bei Rohöl bereits im Frühjahr bemerkbar machen. Die EIA (US Energy Information Administration) rechnet mit einem Nachfrageanstieg von 1,5 MMBD bis zum Jahresende, was wir sogar noch für konservativ halten. In Indien zeigt sich bereits ein dynamisches Nachfragebild. Im zweiten Halbjahr wird auch die Konjunktur im Rest der Welt wieder stärker mit Dur-Tönen musizieren.

 

Zusammenfassend bleibt die Lage am Rohölmarkt knapp und volatil. Wir erwarten, dass vor allem die besseren Nachfrageperspektiven den Preis mit Blick auf die nächsten drei Monate auf 95 USD hieven werden. Zum Jahresende sehen wir den Ölpreis bei 100 USD. Teurer sollte es eigentlich nur werden, wenn Russland dauerhaft spürbar weniger fördert. Dass US-Präsident Biden zwischen April und Juni die Strategischen Reserven (SPR) nochmal um 26 Mio. Barrel anzapft, ist kein Game-Changer, kann aber zum Bumerang werden, weil der SPR-Stand dann so tief ist wie seit 1983 nicht mehr.

-- Gabor Vogel