US-Inflation: Für ein lautes Aufatmen ist es zu früh
Die US-Inflationsrate ist im Oktober überraschend deutlich zurückgegangen. In den Wintermonaten droht aufgrund steigender Energiepreise aber nochmal ein moderater Anstieg der Inflation.
Die US-Inflationsrate hat einen überraschend deutlichen Schritt von knapp über 8% im September auf 7,7% im Oktober nach unten gemacht. Besonders von Seiten der industriellen Güter kam ein inflationsbremsender Effekt: So wurden für Gebrauchtwagen deutliche Rabatte gewährt, weil das Angebot an gebrauchten Autos allmählich wieder steigt, nachdem der Gebrauchtwagenmarkt im letzten Jahr – als Produktionsprobleme in der Industrie die Neuwagenproduktion lähmten – nahezu leergekauft wurde. Die nachlassenden Lieferkettenprobleme wirken nun über die Angebotsseite also teils preisdämpfend.
In anderen Bereichen der Inflationsstatistik gibt es auf der anderen Seite auch Anzeichen dafür, dass die Kundennachfrage schwächelt und deshalb Preisnachlässe als Kaufanreiz gegeben werden. So wurden z.B. die Preise für Bekleidung oder Flugtickets im Oktober gegenüber dem Vormonat saisonbereinigt deutlich gesenkt. Bei dem kräftigen monatlichen Preisrückgang für den Krankenversicherungsschutz handelt es sich derweil wohl vor allem um einen statistischen Effekt, der durch die Erhebungsmethode verursacht wurde.
Kräftige Preisanhebungen wurden im Oktober hingegen im Segment Energie verzeichnet, weil sich Kraftstoffe angesichts des gestiegenen Weltmarktpreises für Rohöl verteuerten. Der Beitrag von Seiten der Energie zur Inflation wäre sogar noch stärker ausgefallen, wären nicht die Gaspreise deutlich gesunken. Der Großhandelspreis für amerikanisches Erdgas war in den letzten Monaten wohl spekulativ überhöht und hat auch dank günstiger Witterungsbedingungen inzwischen wieder ein moderateres Niveau erreicht. Die Versorger gaben die Entlastung zum Teil an die Verbraucher weiter.
An den Finanzmärkten hat der jüngste Inflationsbericht die Hoffnung geschürt, dass der Preisdruck weiter erkennbar nachlassen wird. Dies würde es der Fed möglicherweise erlauben, bald weniger restriktiv vorzugehen als bislang angenommen. Zumindest auf Sicht der nächsten Monate sind wir jedoch skeptisch was ein deutliches Nachlassen des Preisdrucks betrifft: Die Energiepreise dürften im anstehenden Winter nochmal kräftig anziehen, weil die OPEC+ den Ölpreis weiter stützt und der Gaspreis bei kälteren Temperaturen auch in den USA wieder emporschnellen sollte. Wichtiger aber noch: Bei den Dienstleistungspreisen besteht weiterer Preiserhöhungsdruck. Zum einen ist der Lohndruck noch sehr stark, weil der Arbeitsmarkt bisher nicht ausreichend abgekühlt hat. Zum anderen dürften die Mieten für Wohnraum über die nächsten Monate noch höher steigen. Zwar lässt der Preisanstieg bei Immobilien aufgrund der Zinserhöhungen inzwischen deutlich nach. Doch die Mieten reagieren auf die Häuserpreise in der Regel erst mit erheblicher zeitlicher Verzögerung von bis zu 12 Monaten. Gut möglich also, dass die US-Inflationsrate in den nächsten Monaten nochmal etwas ansteigt, bevor sie sich deutlicher abwärts bewegen kann.
-- Alexander Buhrow