EZB geht weiter forsch voran

Im Kampf gegen die auf hohem Niveau verharrende Inflation haben die europäischen Währungshüter erwartungsgemäß eine weitere Straffung der Zinszügel um 75 Bp beschlossen. Dem geldpolitischen Statement zufolge wurde mit den bisherigen Leitzinsschritten bereits ein wesentlicher Beitrag zur Verminderung des geldpolitischen Stimulus erreicht. Die Währungshüter lassen aber dennoch keine Zweifel, dass der Zinserhöhungszyklus noch nicht beendet ist. Allerdings gehen wir angesichts der gewählten Formulierung im geldpolitischen Statement davon aus, dass die EZB mit Blick auf die Dezember-Ratssitzung das Erhöhungstempo vermindert. Im Rahmen der Oktober-Ratssitzung wurde zudem entschieden, die TLTRO III Bedingungen nachträglich zu adjustieren. Darüber hinaus wurde beschlossen, dass sich die Verzinsung der Mindestreserve zukünftig am Einlagesatz (bislang Hauptrefinanzierungssatz) orientiert. Für Banken ist es somit weniger attraktiv Liquidität bei der Notenbank zu parken. Bei der Forward Guidance für die Kaufprogramme (APP / PEPP) hat die EZB keine Anpassungen vorgenommen. Die Marktakteure beurteilen die heutige Ratssitzung als vergleichseise wenig „hawkish“. So wurde mit Blick auf die OIS-Swaps die marktseitige Zinserhöhungsfantasie um fast 25 Bp nach unten korrigiert.

 

Wolken am europäischen Konjunkturhimmel verdunkeln sich zusehends

Im Zuge der Pressekonferenz zeigte sich EZB-Chefin Lagarde hinsichtlich der Konjunkturperspektiven für die Eurzone wenig zuversichtlich. Die oberste Währungshüterin verwies in diesem Zusammenhang auf die deutlich gefallenen Stimmungsindikatoren. Daher sei mit Blick auf die kommenden Quartale (Q4-22/Q1-23), mit einer weiter an Schwung verlierenden europäsichen Konjunktur zu rechnen. Der Ausblick für die europäische Wirtschaft sei nach wie vor mit Abwärtsrisiken behaftet. Kopfzerbrechen bereitet den Notenbank-Oberen darüber hinaus die auf hohem Niveau verharrende Inflation. Der Inflationsdruck würde zunehmend an Breite gewinnen (Kernrate). Angesichts einer niedrigen Arbeitslosenquote im Euroraum muss nach Einschätzung der EZB zudem mit höheren Lohnabschlüssen gerechnet werden. Letztlich ist der Ausblick für die Inflationsentwicklung weiterhin mit Aufwärtsrisiken behaftet.

 

„Quantitative Tightening“ zur Dezember-Ratssitzung auf der Agenda

Von den Pressevertretern wurde das Thema „Quantitative Tightening“ aufgegriffen. Lagarde hob hervor, dass eine Verminderung der Wertpapierreinvestitionen von den Ratsvertretern heute bewusst nicht debattiert wurde. Zugleich stellte die EZB-Chefin in Aussicht, dass die QT-Rahmenbedingungen zur Dezember-Ratssitzung skizziert werden.

-- Christian Reicherter