Gewitterwolken über den Sterling-Märkten

Das Pfund und britische Staatsanleihen erleiden erneuten Rückschlag – die Ausgabenpolitik der neuen Regierung belastet weiterhin das Investorenvertrauen.
 


Die neue Premierministerin, Liz Truss, hatte während ihres Wahlkampfes zur Vorsitzenden der Konservativen Partei Steuersenkungen versprochen. Ihr Finanzminister legte diese und andere Maßnahmen am 23. September in einem Mini-Budget vor. Die Finanzmärkte erlebten eine unangenehme Überraschung: die Ausgabenpläne der Regierung würden eine Erhöhung der öffentlichen Verschuldung von über 62 Mrd. GBP erfordern. Dies führte zu massivem Verkaufsdruck im Markt für britische Staatsanleihen (Gilts). Zusätzlichen Unmut gab es unter den Finanzakteuren wegen des wahrgenommenen politischen Widerspruchs, den der Mini-Haushalt verursachte. Die Fiskalpolitik sollte expansiver werden, um das Wirtschaftswachstum zu stützen, während die Geldpolitik, die von der unabhängigen Bank of England festgelegt wird, gestrafft wird, um die Wirtschaft zu bremsen und die Inflation (aktuell 9,9% J/J!) zu senken. Angesichts dieser Situation war es keine Überraschung, dass das Pfund von einer Welle von Verkäufen auf dem Devisenmarkt getroffen wurde. Das Ergebnis war ein neues Allzeittief für GBP-USD bei 1,0350 USD am 26.09.22.

 

Sowohl die Regierung als auch die Bank of England sahen sich gezwungen, auf die Turbulenzen am Markt zu reagieren. Erstere ließ eine ihrer Steuersenkungsmaßnahmen fallen und erklärte sich bereit, eine unabhängige Bewertung ihrer finanzpolitischen Strategie, die ursprünglich für Ende November vorgesehen war, auf den 31.10.22 vorzuziehen. Gleichzeitig hat die Bank of England einen Plan zum Kauf von Staatsanleihen im Wert von bis zu 65 Mrd. GBP aufgelegt. Insgesamt trugen diese Maßnahmen zwar dazu bei, dass sich die Märkte wieder etwas erholen konnten, aber die zugrunde liegenden Probleme sind nicht verschwunden. Zumal das Gilt-Kaufprogramm der Bank of England Ende dieser Woche auslaufen soll, was am aktuellen Rand bereits zu einem erneuten Anstieg der Renditen geführt hat. Die Zentralbank will offenbar nicht riskieren, über längere Zeit im Markt zu intervenieren und damit eventuelle Abhängigkeiten zu schaffen, aus denen sie sich nur schwerlich wieder lösen kann.

 

Mit Blick auf die nächste Sitzung der Bank of England am 03.11.22 ist nun aber klar, dass eine aggressive Zinserhöhung erforderlich sein wird. Der Geldmarkt rechnet mit einer Anhebung um 100 Basispunkte auf 3,25%. Zwar haben die britischen Finanzmärkte den ersten Sturm überstanden, doch fehlt es immer noch an Zuversicht und Vertrauen, und eine weitere Sturmböe im Oktober ist keineswegs unwahrscheinlich. Die Sterling-Anleger werden vorsichtig und defensiv bleiben.

 

-- Andy Cossor