Trockenheit in Deutschland – ein Problem für Agrar, Energie und verarbeitendes Gewerbe
Deutschland kämpft mit Hitze, Trockenheit und Niedrigwasser im Rhein und anderen Flüssen. Die Einschränkungen im Schiffsverkehr erinnern an 2018, als Niedrigwasser das Wirtschaftswachstum in Deutschland bremste. So fiel damals die Produktion im verarbeitenden Gewerbe von August bis Dezember um 1,2% geringer aus und das Wirtschaftswachstum schwächte sich in diesem Zeitraum um 0,3%-Punkte ab.
Das ist auf den ersten Blick erstaunlich, fallen hierzulande doch gerade einmal 7% der Gütertransporte auf die Binnenschifffahrt. Bei schwerem Schüttgut wie Kohle oder Flüssigkeiten wie Öl, Diesel und Chemikalien spielen Schiffstransporte jedoch eine viel wichtigere Rolle. Von Niedrigwasser sind daher vor allem Kohlekraftwerke, Mineralölverarbeitung und -handel sowie die chemische Industrie betroffen. Außerdem wird Flusswasser häufig als Kühlmittel verwendet – bei Atomreaktoren, manchen Kohlekraftwerken und industriellen Produktionsprozessen.
Aktuell (18.08.22 um 5:00 Uhr) steht der Pegel im Rhein bei Kaub bei 34 cm und damit knapp über dem historischen Tief (25 cm) vom Oktober 2018. Zwar wird bis Montag 22.08.22 ein Anstieg auf 67 cm prognostiziert. Das bringt jedoch keine durchgreifende Änderung. Aktuell können viele Schiffe nur noch die Hälfte oder noch weniger laden. Dadurch steigen die Frachtkosten. Ein Teil der Schiffe fährt gar nicht mehr. Sollte dieser Zustand nur wenige Wochen andauern, blieben die Auswirkungen begrenzt. Problematischer wäre eine über Monate stark eingeschränkte Schiffbarkeit wie 2018, als der Rhein vom Sommer bis tief in den Herbst fast durchgängig zu wenig Wasser führte.
Naturkatastrophen wie Dürren kommen immer zur Unzeit. Auch wenn sich die Schäden in Deutschland möglicherweise in Grenzen halten, kommen Hitze und Trockenheit in diesen Tagen, die unter dem Eindruck des Ukraine-Krieges und einer unsicheren Gasversorgung stehen, besonders ungelegen. So werden mehr Schiffskapazitäten für den Transport von Kohle benötigt, um die Stromerzeugung mit Gas durch eine stärkere Auslastung der Kohlekraftwerke ersetzen zu können. Anstatt dessen besteht die Gefahr, dass Kohlemeilern durch Niedrigwasser die Kohle ausgeht und dafür Reservekapazitäten aus Gaskraftwerken zugeschaltet werden müssen.
Je früher ergiebiger Regen einsetzt, der nicht nur die ausgetrockneten Böden durchfeuchtet, sondern auch beginnt, die Grundwasservorräte wieder aufzufüllen, desto besser – nicht nur für die Natur, sondern auch für Nahrungsmittelversorgung und -preise sowie die Bemühungen, die Gasvorräte für den Winter schnell aufzufüllen zu können.
-- Michael Stappel