Auch die britische Wirtschaft schrumpft in Q2
Durch Sondereffekte ist die britische Wirtschaftsleistung im zweiten Quartal leicht gesunken. Das kann, muss aber nicht der Auftakt zu einer Rezession sein. Mehr als stagnieren dürfte die britische Wirtschaft bis weit ins kommende Jahr aber nicht.
Jetzt also auch Großbritannien? Der Rückgang der britischen Wirtschaftsleistung im zweiten Quartal ist sicherlich Wasser auf die Mühlen der Rezessionsmahner, auch wenn das Minus mit 0,1% (Q/Q) äußerst moderat ausgefallen ist. Die Konjunkturdaten für den Monat Juni sind dagegen deutlicher in die Knie gegangen: Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) schrumpfte im Monatsvergleich um 0,6%, das Verarbeitende Gewerbe sogar um 1,6%. Die schwachen Werte vom Schlussmonat des zurückliegenden Quartals sind aber vor allem auf eines zurückzuführen – einen zusätzlichen Feiertag, den es im Juni anlässlich des 70-jährigen Thronjubiläums der Queen gab und der das Wirtschaftswachstum im gesamten Quartal um etwa einen halben Prozentpunkt gedrosselt haben dürfte. Ohne diesen Sondereffekt wäre das BIP-Wachstum zwar auch nicht kräftig ausgefallen, wohl aber zumindest leicht positiv.
Gleichwohl kann dieses negative zweite Quartal durchaus der Auftakt für eine Rezession in Großbritannien sein, denn der Gegenwind für die britische Wirtschaft ist groß. Besonders die Verbraucher sind aufgrund der hohen Inflation unter Druck und werden mit den bevorstehenden Anpassungen der Gas- und Stromtarife im Oktober und Januar wohl noch stärkere Realeinkommenseinbußen verkraften müssen. Wir rechnen damit, dass die Inflationsrate im Herbst bis auf knapp 11% steigt. Eine Konsumrezession, die sich bis weit ins kommende Jahr hineinziehen dürfte, ist daher äußerst wahrscheinlich. Auf der anderen Seite ist im Juli, nach den feiertäglichen Produktionsausfällen vom Juni, mit Aufholeffekten zu rechnen, die das Wachstum im gesamten dritten Quartal stützen dürften. Das war auch schon zum 60. Thronjubiläum 2012 so. Vor allem Industrie und Bau dürften einen Rebound erleben und damit auch die Investitionsnachfrage, die aktuell ohnehin noch von steuerlichen Anreizen profitiert.
Damit wäre es im nächsten Frühjahr aber auch vorbei, sollte der Unternehmenssteuersatz, wie momentan noch vorgesehen, um kräftige 6%-Punkte auf 25% angehoben werden. Vor dem Hintergrund der gleichzeitig deutlich höheren Zinsen wäre also außerdem mit einer nachlassenden Investitionsnachfrage zu rechnen. Sicher ist die Steuererhöhung allerdings nicht, da die Spitzenkandidatin für den Parteivorsitz der Tories, Liz Truss, diesen Schritt unbedingt verhindern will. Sollte sie nächste Premierministerin werden – was Umfragen nahelegen – wären die Rezessionsrisiken wohl etwas geringer. Insgesamt bleibt aber unsere Einschätzung: In dem sich eintrübenden weltwirtschaftlichen Umfeld bewegt sich Großbritannien zumindest am Rande der Rezession. Ob die britische Wirtschaft dabei zwei oder mehr Quartale in Folge leicht schrumpft (und damit die Daumenregel einer „technische Rezession“ erfüllt), oder die Wachstumsraten um die Nulllinie schwanken, ist dabei wohl eher zweitrangig. Mit einem nennenswerten Wachstum ist auf jeden Fall bis weit ins kommende Jahr nicht zu rechnen.
-- Monika Boven