Trotz TPI drohen in Italien Marktturbulenzen

Das neue EZB-Instrument TPI setzt mehr politische als wirtschaftliche Hürden für eine Teilnahme – im Fall eines Rechtsrucks in Italien könnten diese trotzdem zum Problem werden.

 

Der EZB-Rat hat auf seiner vergangenen Sitzung nicht nur die zinspolitische Wende beschlossen, sondern auch ein neues geldpolitisches Instrument zur Abwehr von Fragmentierungsrisiken in der Eurozone vorgestellt – das Transmission Protection Instrument (TPI). Mit gezielten Käufen von Anleihen des Peripheriesegments sollen überschießende Risikoprämien verhindert werden. Die EZB agiert damit auch nach dem Ende der Anleiheneukäufe weiterhin als Risikomanagerin der Eurozone. Anders als bei der Frage der EZB-Fähigkeit von Anleihen, bei der das Rating des Emittenten entscheidend ist, oder beim Anleihekaufprogramm PSPP, das Griechenland auch wegen der unzureichenden langfristigen Schuldentragfähigkeit ausschloss, definiert die Notenbank im Fall des TPI Kriterien, über deren Einhaltung politisch dominierte oder zumindest beeinflusste Institutionen wie die EU, der ESM oder der IWF entscheiden.

 

In der Praxis dürfte es kaum einem Euroland schwerfallen, die insgesamt vier TPI-Kriterien zu erfüllen, solange es politisch mit der EU nicht über Kreuz liegt. Die Kriterien sind so definiert, dass sich ein Emittent auch dann für das TPI qualifiziert, wenn er fiskalisch oder makroökonomisch eigentlich mit Schwierigkeiten zu kämpfen hat, aber den Vorgaben der EU zur Überwindung der Probleme Folge leistet. Im Ergebnis bedeutet dies, dass sowohl der ökonomische als auch der marktbezogene Druck auf die Peripheriestaaten nachlassen könnte. Politisch könnte dies den derzeitigen Regierungen in Athen und Rom in die Karten spielen, sich keinem „Diktat der Märkte“ mehr beugen zu müssen. Für die wirtschaftliche Stabilität und den langfristigen Zusammenhalt des gemeinsamen Währungsraums ebenso wie für den Ruf der EZB als unabhängige Institution ist es aber nicht unbedingt zuträglich, dass EZB-Marktinterventionen indirekt auch von politisch beeinflussten Entscheidungen der EU-Kommission abhängen.

 

Einen wirtschaftspolitischen Freifahrtsschein erhalten die Peripheriestaaten dennoch nicht. Auf Basis der Regeln kann ein (politischer) Konflikt mit der EU-Kommission einer TPI-Teilnahme entgegenstehen. Ein erster Testfall könnte bereits im Nachgang der im September anstehenden italienischen Parlamentswahlen vorliegen, sollte das rechte Lager unter Führung der EU-kritischen Brüder Italiens (FdI) das Rennen machen. Das TPI setzt zwar Anreize, die EU-Regeln einzuhalten, stellt sich Rom dennoch quer, drohen nicht nur ähnliche Marktturbulenzen wie 2018, das TPI könnte sich dann sogar als ein stumpfes Schwert gegen zunehmende Fragmentierungsrisiken in der Eurozone erweisen.

- Daniel Lenz