EUR-USD auf 20-Jahrestief: Parität auf Schlagdistanz

Scheinbar ohne erkennbaren Auslöser fiel EUR-USD am gestrigen Morgen auf Kurse unterhalb der Marke von 1,03 USD. Die Parität rückt damit in sehr greifbare Nähe. 

 

 

Gründe für eine Euro-skeptische Haltung gibt es fraglos reichlich. Krieg in der Ukraine, drohende Energieversorgungsengpässe, hohe Rohstoffpreise und auch Corona bleibt uns erhalten. Die Eurozone ist von all diesen Risikofaktoren sehr direkt betroffen. Zwar gehen wir davon aus, dass die Eurozone knapp an einer Rezession vorbeischlittern wird, am Markt ist zuletzt jedoch immer öfter die Rede von einer schweren Rezession. Erschwerend für den Euro kommt hinzu, dass der US-Dollar wieder einmal die Muskeln spielen lässt.

 

Dollar: Der Einäugige unter den Blinden
In den Monaten Mai und Juni durchlief der Dollar immer wieder kurze Phasen der Schwäche. Auch hier mehrten sich die Sorgen über eine Rezession – in diesem Fall ausgelöst vor allem durch das aggressive Vorgehen der eigenen Zentralbank. Hatte das ambitionierte geldpolitische Straffungsprogramm der Fed den USD über lange Zeit hinweg beflügelt, wurde im Frühsommer immer klarer, dass die Fed den Kampf gegen die Inflation wohl nur über den Weg einer Rezession gewinnen kann. Die daraus resultierende Abwertung des Dollars scheint nun jedoch bereits wieder ein abruptes Ende gefunden zu haben. Denn: solange es dem Rest der Welt (in diesem Fall Europa) ebenfalls schlecht geht, verteidigt der Dollar seinen Status als Krisenwährung Nr. 1.

 

EUR-USD: Die Wachstumsdifferenz zählt
Es mutet fast altmodisch an, aber damit ist für den weiteren Kursverlauf von EUR-USD nun die ganz traditionelle Wachstumsdifferenz maßgeblich. Schafft es Europa, vielleicht auch mit Hilfe einer insgesamt etwas akkommodierenderen Zentralbank, eine Rezession zu umschiffen (wovon wir ausgehen), dann ist auch der Weg für höhere EUR-USD Notierungen wieder frei.

Am aktuellen Rand ist dies jedoch noch Zukunftsmusik, denn hier zählt erst mal nur das, was der Markt einpreist. Und es darf getrost bezweifelt werden, dass sich die Nachrichtenlage kurzfristig verbessert. Vor allem die Möglichkeit eines Gasembargos schwebt wie eine dunkle Wolke über uns. Eine kurzfristige, echte Erholung des Euro können wir uns daher kaum vorstellen. Das Risiko, dass die magische Marke von 1,00 USD ihre Anziehungskraft voll entfaltet, ist hingegen nun beträchtlich.

-- Sonja Marten


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