Die EZB wird grüner

Neben ihrer Hauptaufgabe der Preisstabilität hat es sich die EZB zum Ziel gemacht, den grünen Wandel der Wirtschaft zu unterstützen. Im Oktober will die Notenbank beginnen, ihr Portfolio zu dekarbonisieren.

 

 

Das Hauptziel der Europäischen Zentralbank ist die Preisstabilität, die sie als eine Teuerungsrate von 2% definiert hat. An dieser Ausrichtung soll sich auch in Zukunft nichts ändern, aber die Notenbank hat sich unter Führung von Präsidentin Lagarde ein weiteres, nachgelagertes Ziel gesetzt. Soweit es im Einklang mit ihrem Mandat ist, möchte die EZB den grünen Wandel der Wirtschaft entsprechend den Zielen der EU zur Klimaneutralität unterstützen. Zudem will sie Anreize für Unternehmen und Finanzinstitute schaffen, ihren CO2-Ausstoß transparenter zu machen und zu verringern. Um das zu erreichen, planen die Währungshüter an einer Reihe von Stellschrauben ihrer Geldpolitik zu drehen. Den Anfang macht das mehr als 380 Mrd. Euro große Portfolio an Unternehmensanleihen, das ab Oktober 2022 Stück für Stück dekarbonisiert werden soll.

Hierfür wird die Zentralbank bei der Wiederanlage der Gelder aus fällig gewordenen Wertpapieren Unternehmen bevorzugen, die eine bessere Klimaleistung haben. Gemessen wird die Klimaleistung anhand von niedrigeren Treibhausgasemissionen, ehrgeizigeren Zielen für die CO2-Reduktion und besseren klimabezogenen Offenlegungen. Mit der Umschichtung des Portfolios will die EZB bereits im Oktober dieses Jahres beginnen und dann ab dem kommenden Jahr hierzu Bericht erstatten. So erhofft sich die EZB, klimabedingte Finanzrisiken in ihrer Bilanz zu reduzieren und Anreize zu klimafreundlicher Unternehmenspolitik zu schaffen. Um Bedenken von Kritikern, die der Zentralbank eine Verwässerung ihres Mandats vorwerfen, zu begegnen, betont die EZB, dass das Volumen der Anleihekäufe weiterhin allein von geldpolitischen Überlegungen und ihrer Rolle bei der Erreichung des Inflationsziels bestimmt werden wird.

Weitere Maßnahmen sollen ab 2024 folgen und beinhalten unter anderem eine schlechtere Behandlung von Sicherheiten, die von Unternehmen mit einem hohen CO2-Fußabdruck ausgegeben wurden.

Wir denken, dass die EZB mit ihren Entscheidungen zur Nachhaltigkeit ihres Portfolios einen bereits zu beobachtenden Trend im Markt verstärken wird. Denn schon jetzt achten viele institutionelle und private Investoren bei ihrer Anlage auf die Nachhaltigkeit ihrer Investments. Für Unternehmen, die nicht genügend für die Verbesserung ihres ökologischen Fußabdrucks tun, dürfte die Refinanzierung damit in Zukunft schwieriger werden. Allerdings rechnen wir nicht mit einer starken Reaktion der Spreads einzelner Anleihen auf das veränderte Anlageverhalten der EZB. Dafür ist das Kaufvolumen nach dem Ende der Nettokäufe zum 1. Juli bereits zu stark gesunken.

-- Thomas Weber