Welche Branchen bieten Bond-Investoren Schutz in stürmischen Zeiten?
Wir haben untersucht, welche Branchen in einem volatilen Kapitalmarktumfeld die größte Stabilität zeigen. Die Ergebnisse können helfen, das Bond-Portfolio weniger schwankungsanfällig aufzustellen.
In der Kapitalmarkttheorie beschreibt der Beta-Faktor, wie stark eine Aktie im Vergleich zum Gesamtmarkt schwankt. Ein Beta über 1 bedeutet, dass die Schwankungen im Schnitt größer sind als die des Marktes, ein Beta unter 1 bedeutet, dass die Bewegungen unterdurchschnittlich ausfallen. Wir haben für den Corporate-Bond-Markt eine ähnliche Überlegung angestellt und berechnet, wie stark Corporate Spreads einzelner Branchenindizes im Vergleich zum breiten Markt für Unternehmensanleihen in der Vergangenheit schwankten.
Dabei zeigte sich, dass die Sektoren Grundstoffe, Automobile und Bau das höchste Spreadbeta zum Markt aufweisen. Die Risikoaufschläge von Unternehmen aus diesen Branchen sind also überdurchschnittlich volatil, was aufgrund der Zyklizität der Geschäftsaktivitäten nicht verwunderlich ist. Am anderen Ende des Spektrums stehen die Branchen Chemie, Konsum und Technologie. Die Stabilität bei Konsumgüterherstellern verwundert nicht, da sie Produkte des täglichen Bedarfs herstellen, deren Nachfrage über die Zeit relativ konstant ist. Anders ist es bei Chemieunternehmen, deren Branche eigentlich als konjunktursensitiv gilt. Allerdings umfasst der Branchenindex für Chemie überwiegend Unternehmen mit guter Bonität und starkem Rating, die eine konservative Finanzpolitik verfolgen. Zudem haben viele Chemieunternehmen durch einen Fokus auf Spezialchemieprodukte die Zyklizität ihres Geschäftsmodells erfolgreich reduziert. Dadurch lässt sich das niedrige Beta des Sektors in den vergangenen Jahren erklären.
Es ist jedoch fraglich, ob die Volatilität von Bonds aus dem Chemie-Sektor angesichts der hohen Energiepreise und des Risikos einer Rationierung des Erdgas-Verbrauchs so niedrig bleiben wird. Seit Beginn des Ukraine-Krieges haben sich die Risikoaufschläge von Chemieunternehmen bereits um 44 Basispunkte ausgeweitet, während die Spreads des Gesamtmarktes nur um 33 Basispunkte angestiegen sind. Im Gegensatz dazu könnten Anleihen von Unternehmen aus der Grundstoff- sowie der Öl- & Gasindustrie, die von den derzeit hohen Preisen für Rohstoffe stark profitieren, im aktuellen Umfeld weniger schwankungsanfällig sein als in der Vergangenheit.
-- Thomas Weber