Bitcoin: Etablierte Tradition gerät ins Wanken
Die Tradition, wonach der Bitcoin nach einem Boom-Bust-Zyklus „immer“ oberhalb des Ausgangskurses vor der Rallye notiert, hält zwar noch. Viel Abstand ist aber nicht mehr.
Die weltweit bedeutendste Kryptowährung tauchte zu Wochenbeginn dynamisch unter 25.000 USD ab und näherte sich zeitweise sogar der Marke von 20.000 USD. Dabei machen zum einen die restriktiv auftretenden Notenbanken, allen voran die Federal Reserve, aber mittlerweile auch die Europäische Zentralbank, und eine eingetrübte Stimmung an den Finanzmärkten dem als riskant geltenden Segment das Leben schwer. Zum anderen leiden Bitcoin & Co. aktuell unter hausgemachten Problemen. Im Mai kollabierte der Stablecoin TerraUSD, aktuell droht die Insolvenz des Unternehmens „Celsius Network“. Auf dieser Plattform können Kryptowährungen angelegt und Kredite aufgenommen werden. Zum Wochenanfang gab Celsius Network bekannt, dass alle Abhebungen und Transaktionen vorerst „pausiert“ werden. Gläubiger haben folglich derzeit keinen Zugriff auf ihre Einlagen. Vertrauensbildende Maßnahmen sehen anders aus.
Frühere Zyklen dynamischer – und mit höherem „Restwert“
Auf der Habenseite bleibt aus Sicht der führenden Kryptowährung zwar festzuhalten, dass sich der momentane Kurs weiterhin oberhalb der Niveaus vom Herbst 2020 bewegt, als die vor allem im letzten Jahr zu beobachtende Rallye ihren Ausgang nahm. Verglichen mit früheren Zyklen, also ausgeprägten Auf- und anschließenden dynamischen Abwärtsbewegungen, fällt der Abstand zum Ausgangsniveau aber alles andere als üppig aus.
Die vorletzte Kursrally fand im Dezember 2017 mit einem damals neuen Allzeithoch bei rund 19.000 USD ihren Höhepunkt. Danach ging es zwar stramm bergab. Allerdings fiel die Kryptowährung in der Folge nicht mehr unter 3.000 USD – immerhin rund das Vierfache des Niveaus, das Ende 2016 als Ausgangspunkt für die damalige dynamische Aufwärtsbewegung diente. Noch gravierender ist die Bilanz aus dem Jahr 2013. Ausgehend von etwas mehr als 12 USD legte der Kurs binnen eines Jahres auf über 1.100 USD zu. Ende 2014, also etwa zwölf Monate nach diesem Rekordwert, waren es immerhin noch fast 300 USD. Zwar ging es in den Jahren danach zeitweise noch etwas weiter bergab. Zu jedem Zeitpunkt nach der Kursrallye hatte der Bitcoin das Ausgangsniveau aber mindestens verzwölffacht.
Fazit
Die in den vergangenen Jahren etablierte Tradition, wonach der Bitcoin-Kurs nach einem Boom-Bust-Zyklus deutlich oberhalb des Niveaus anzutreffen ist, das vor der zugehörigen Rallye zu beobachten war, hält zwar bislang noch, gerät aber ins Wanken. Sollte die führende Kryptowährung damit brechen, würde dies das Vertrauen der Investoren wohl weiter belasten. Schließlich war und ist diese Tradition ein bedeutendes Argument zugunsten eines langfristigen Engagements im Krypto-Segment.
-- Sören Hettler