Australien: Kommt jetzt der Wandel bei der Klimapolitik?
Das Wirtschaftswachstum liegt wohl auch 2022 über dem langjährigen Durchschnitt. Die neu gewählte Regierung strebt einen „fairen Wandel“ zu nachhaltiger Energiewirtschaft an.
Australien gehört zu den wenigen Ländern, für die wir seit dem Überfall der Ukraine durch Russland unsere Wachstumsprognose angehoben haben. Dies liegt zum einen an dem recht guten Ausblick für den Rohstoffsektor des Landes. Vor allem aber an dem sehr kräftigen Zuwachs beim Bruttoinlandsprodukt im Schlussquartal 2021 und einem robusten Plus im ersten Quartal dieses Jahres. Insgesamt steht das Land recht solide da. In diesem Jahr wird das Wirtschaftswachstum wohl bei 4,3% liegen und damit sichtbar über der langjährigen Durchschnittsrate aus der Vor-Corona-Zeit. Schlagzeilen machte das Land zuletzt wegen der Abwahl der konservativen Regierung unter Scott Morrison.
Im ersten Quartal wurde der konjunkturelle Schwung stark von den Ausgaben der privaten Haushalte getragen. Die Kauffreude der Verbraucher trotzte stärker als erwartet den omikron-bedingten Belastungen. Zusätzlich stiegen die Investitionen in Ausrüstungen und Maschinen deutlich an. Die Bautätigkeit litt hingegen unter der Knappheit von Arbeitskräften und importierten Materialien, sowie gegen Ende des Quartals unter schweren Überschwemmungen im Osten des Landes.
Ähnlich wie in vielen anderen Ländern hat der Druck bei den Verbraucherpreisen sichtbar angezogen. Mit 5,1% wurde für das erste Quartal allerdings eine vergleichsweise moderate Inflationsrate gemessen. Da die Inflation aber wohl noch nicht ihren Höhepunkt erreicht hat, erhöhte die Notenbank (RBA) im Juni erneut die Leitzinsen. Nach Aussage der RBA ermöglicht die gute Lage am Arbeitsmarkt diese weitere Straffung der Geldpolitik.
Bei der Parlamentswahl im Mai hat die Labor Party im Unterhaus die Mehrheit der Sitze errungen. Inzwischen wurde bereits der ehemalige Oppositionsführer Anthony Albanese als neuer Premierminister vereidigt. Die Vorgängerregierung wurde von den Wählern vor allem für ihre Inaktivität bei der Klimapolitik abgestraft. Die neue Regierung strebt in dem Land, das immerhin weltweit mit zu den größten Exporteuren von Kohle und Erdgas gehört, einen “fairen Wandel” hin zu einer nachhaltigen Energiewirtschaft an. Da auch zahlreiche neue unabhängige und grüne Politiker ins Parlament gewählt wurden, könnte dies durchaus gelingen. Zudem haben sich die industriepolitischen Interessen verschoben und es werden beispielsweise Großprojekte für die Produktion von grünem Wasserstoff vorangetrieben.
-- Dr. Christine Schäfer