Eskalation im Russland-Ukraine-Konflikt führt zu Risikoaufschlägen bei Rohstoffen

Mit der militärischen Eskalation im Russland-Ukraine-Konflikt steigen die Preise für viele Rohstoffe kräftig an. Bisher wurden noch keine Sanktionen direkt gegen Rohstoffexporte Russlands verhängt. Allerdings liegen diese Optionen auf dem Tisch. Besonders betroffen wären neben Öl & Gas auch Industriemetalle und Agrarrohstoffe.

 

 

 

Besonders die Preise für Öl- und Gas sind ein Spielball der aktuellen Nachrichtenlage rund um die begonnene russische Invasion in die Ukraine. Auf diese weitere militärische Eskalation wird der Westen mit schärferen Sanktionen reagieren. Energieträger und Rohstoffe insgesamt sind bisher direkt ausgenommen. Ob das so bleiben wird, bezweifeln einige Marktteilnehmer und hängt stark vom Fortgang der militärischen Auseinandersetzung ab. Eine weitere Sorge des Rohstoffmarktes wäre eine Drosselung der Öl- oder Gaslieferungen Russlands – also der Einsatz von Öl als „militärisches“ Instrument. Dies ist bisher noch nicht passiert und auch nicht zu erwarten. Daher hat sich bei Erdgas die gestrige Preisspitze auch wieder zurückgebildet. Der Ölpreis übersprang aber wegen dieser Befürchtungen sehr zügig über die Marke von 100 USD. Obwohl die USA jetzt wohl nochmals die strategischen Ölreserven anzapfen werden, wird das den Ölmarkt vorerst nicht beruhigen können. Der Ölpreis kann also weiter überschießen und in unserem Eskalations-Szenario sogar auf 120 USD steigen.

Allerdings führen die sehr hohen Ölpreise dazu, dass a) die Angebotsseite außerhalb der Opec+ positiv reagieren wird und b) die hohen Preise einen Nachfrage-Dynamikverlust implizieren. Damit baut sich der Knappheitsgrad im zweiten Halbjahr 2022 wieder ab. Auf der Angebotsseite sind besonders die Atom-Verhandlungen mit dem Iran genau zu beobachten.

Da die Abhängigkeit von russischen Einfuhren bei Palladium, das für die Katalysatorenherstellung verwendet wird, ebenfalls sehr hoch ist, hat auch hier der Preis – dem Verhaltensmuster bei den Energieträgern folgend - mit einem deutlichen Aufschlag reagiert. Selbst bei Aluminium und Nickel, wo die Einfuhrquoten geringer sind, waren deutliche Preisanstiege zu vermelden. Bei den Agrarrohstoffen steht vor allem Weizen im Fokus, denn hier ist Russland der größte Weizenlieferant weltweit.

Gold wird wegen der militärischen Eskalation im Russland-Ukraine-Konflikt von Anlegern als sicherer Hafen angesteuert. Auch die Ängste vor einer anhaltend hohen Inflation treibt Anleger in Gold. Kurzfristig dürfte das Edelmetall auch wegen zunehmenden Konjunkturrisiken weiterhin profitieren. Der Goldgegenwind wird aber im Laufe des Jahres wegen der geldpolitischen Normalisierungsabsichten der US-Notenbank zunehmen, die vor dem Hintergrund weiter steigender Energiepreise noch straffer ausfallen könnte als bisher veranschlagt.

Vorerst bauen Rohstoffe weiter eine geopolitische Prämie auf. Diese wird erst bei einer sich abzeichnenden Entspannung wieder abgebaut werden können. Bis dahin muss man sich auf hohe Rohstoffpreise einstellen.


-- Gabor Vogel