US-Zinswende und Aktienmarkt: Gute Gründe investiert zu bleiben, kein Grund zu verkaufen

Die bevorstehende US-Zinswende wird neben Corona/Omikron und dem Russland-Ukraine-Konflikt derzeit als Hauptrisiko für den Aktienmarkt gehandelt, denn sie bedingt eine Erhöhung der seit längerer Zeit niedrigen Opportunitätskosten für Aktien-Investments. Die Marktvolatilität nimmt daher merklich zu, insbesondere „Long Duration“-Investments leiden in diesem Umfeld. Wir sehen in der erwarteten US-Zinswende dennoch keinen Grund Aktien zu verkaufen, weder europäische Zykliker noch US-Technologiewerte.

 

Die Zinsen steigen, die Aktienkurse fallen. Die US-Zentralbank stellt inmitten des Russland/Ukraine-Konflikts und der Corona/Omikron-Welle mit ihrer angekündigten strafferen Geldpolitik zur Inflationsbekämpfung wieder einmal den Aktienmarkt auf die Probe. Sowohl kurzfristige Zinsen am Geldmarkt als auch langfristige Renditen am Anleihemarkt steigen an und genau das wird als Belastung für Aktien-Investments angesehen. Denn zum einen verschlechtern sich hierdurch die Finanzierungsbedingungen für Unternehmen, was auf den Gewinnen lasten könnte. Viel wichtiger ist jedoch der Umstand, dass Anleiherenditen auf anständigen positiven Niveaus echte Alternativen bzw. Opportunitätskosten für Aktien-Investments darstellen. Und genau das lastet auf den Aktienbewertungen, die trotz Konjunktursorgen jahrelang von ultraniedrigen oder gar negativen Anleiherenditen profitiert haben. Insbesondere die konjunkturunabhängigen Sektoren stehen nun unter Druck. Sie konnten im Umfeld der Konjunkturprobleme trotzdem stabile Erträge und Dividenden liefern, wie auch die großen ertragsstarken (US-) Technologieunternehmen, die mittlerweile als die neuen sicheren Häfen unter den Anlageklassen gelten. Im Umfeld steigender Anleiherenditen werden deren Bewertungsaufschläge nun in Frage gestellt.

 

Die neuen Rahmenbedingungen werden vor allem in Kombination mit geopolitischen Risiken und Corona die Volatilität am Aktienmarkt weiterhin hoch halten. Die US-Zinswende stellt dennoch keinen Grund dar, Aktien zu verkaufen, denn in der Vergangenheit hat es sich bezahlt gemacht, während US-Zinsanhebungszyklen sowohl im S&P 500 als auch im DAX investiert zu bleiben. Die beiden Indizes konnten über die vergangenen vier US-Zinsanhebungszyklen hinweg fast immer deutlich positive Kursgewinne verzeichnen. Die Aktienbewertungen werden sich zwar definitiv an die neuen Zinsniveaus anpassen, jedoch nicht einbrechen, denn auch wenn die Bewertungen sowohl bei S&P 500 als auch bei DAX über dem historischen Mittel liegen, sind sie in Relation zu aktuellen und erwarteten Zinsen noch günstig.

 

 

Sven Streibel