Warum Spaniens Wirtschaft stärker wächst als die deutsche
Spanien hat sich als Wachstumslokomotive in der Eurozone etabliert. Deutschland gehört dagegen zu den konjunkturellen Schlusslichtern. Produktivität, Energiepreise, EU-Förderung: Die Wachstumsunterschiede sind auf mehrere konjunkturelle und strukturelle Faktoren zurückzuführen. Perspektivisch dürfte der Zollstreit zwischen den USA und der EU die weitere Wachstumsdynamik auch in Spanien belasten.

Spanien ist eines der wirtschaftlich dynamischsten Länder der Eurozone mit einem Jahreswachstum von 3,2% in 2024, während Deutschland mit einem Rückgang von ‑0,2% zu kämpfen hat. Die Dynamik in Spanien ist vor allem auf den Aufschwung und die Stärke des Dienstleistungssektors, angeführt vom Tourismus, zurückzuführen. Aber auch eine anhaltend günstige Entwicklung im Industriesektor sorgt für positive Impulse, der von Investitionen in neue Technologien und erneuerbare Energien profitiert. Während ähnliche Modernisierungsschritte auch in Deutschland stattfinden, vollzieht sich dieser Wandel hierzulande allerdings langsamer.
In den letzten Jahren hat Spanien - auch mit Hilfe von EU-Mitteln - große Fortschritte in den Bereichen digitaler Transformation, grüner Industrie und Entwicklung moderner Infrastrukturen gemacht. Diese Entwicklungen haben zu einer diversifizierteren Wirtschaft und einer höheren Produktivität beigetragen, was die Wettbewerbsfähigkeit des Landes stärkt. Im Gegensatz dazu stagniert die Produktivität in Deutschland, insbesondere in der Industrie, da die Digitalisierung langsamer voranschreitet. Zudem hat die moderatere Inflation in Spanien die Kaufkraft und den Konsum stabil gehalten, während in Deutschland hohe Inflationsraten die Realeinkommen entwertet und das Wirtschaftswachstum trotz positiver Lohnentwicklung beeinträchtigt haben.
Der erratische Kurs des US-Präsidenten Trump und mögliche gegenseitige Zölle zwischen der EU und den USA bergen das Risiko eines Zollschocks, der den Welthandel und kurzfristig die Wachstumsraten dämpfen könnte. Besonders stark betroffen wäre die exportabhängige deutsche Wirtschaft. Spanien, dessen Exportsektor weniger direkt involviert ist, würde ebenfalls unter einem globalen Nachfragerückgang leiden, jedoch weniger stark. Für 2025 wird Spaniens Wirtschaftswachstum auf etwa zwei Prozent geschätzt, ein Rückgang im Vergleich zu früheren Jahren, mit einer weiteren leichten Verlangsamung in 2026. Spanien würde dennoch weiterhin kräftiger wachsen als Deutschland.
-- Matthias Schupeta