Bundestagswahlkampf und Bitcoin – auf Trumps Spuren?
Bitcoin & Co. haben es vom US-Präsidentschafts- in den Bundestagswahlkampf geschafft. Im Vordergrund steht dabei vor allem der Stimmenfang. Fakten und Nutzenüberlegungen spielen hingegen eine untergeordnete Rolle.
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Der Bundestagswahlkampf kommt langsam, aber sicher in Fahrt. Auch Bitcoin & Co. haben es auf die Tagesordnung geschafft. Nachdem der designierte US-Präsident Trump mit kryptofreundlichen Äußerungen und Standpunkten erfolgreich auf Stimmenfang gegangen ist, wollen es Vertreter der hiesigen Politik offenbar nachmachen. Dabei gestaltet sich die fachliche Expertise an der ein oder anderen Stelle ausbaufähig.
Dies gilt beispielsweise für die Aussage, wonach „Krypto-Vermögenswerte inzwischen einen bedeutenden Teil des globalen Wohlstandszuwachses ausmachen“ würden. Nun mag das Wort „bedeutend“ einen gewissen Interpretationsspielraum besitzen, im direkten Vergleich mit anderen Finanzmarktsegmenten und volkswirtschaftlichen Größen erscheint die Bezeichnung „überschaubar“ aber deutlich zutreffender. Gemessen an der Marktkapitalisierung hat sich der Wert aller Kryptowährungen im Jahr 2024 mit einem Anstieg von gut 1.600 Mrd. USD in etwa verdoppelt. Zwar handelt es sich hierbei um eine beeindruckende Zahl, für Gold liegt der entsprechende Wert allerdings bei knapp 3.400 Mrd. USD, bei den weltweiten Aktienmärkten sogar im Bereich von 14.000 Mrd. USD – also beinahe dem Neunfachen des Wertzuwachses im Krypto-Segment. Fraglich ist darüber hinaus, inwieweit der Anstieg der Marktkapitalisierung überhaupt als Maßstab für den „globalen Wohlstandszuwachs“ dienen kann. Nicht perfekt, aber zumindest näher dran sollte die Entwicklung des weltweiten Bruttoinlandsprodukts sein. Dieses dürfte Schätzungen zufolge in 2024 um etwa 3.200 Mrd. USD zugelegt haben.
Laut wurden im Wahlkampf Forderungen, wonach Notenbanken im Euroraum Bitcoin als Bestandteil der Währungsreserve etablieren sollten. Hintergrund dieser Idee seien entsprechende Überlegungen in Washington, Europa dürfe sich hier „nicht wieder abhängen lassen“. Dabei ist zwar richtig, dass der angehende US-Präsident und sein Umfeld über eine staatliche Bitcoin-Reserve analog zur strategischen Öl- und der Goldreserve in den USA nachdenken. Allerdings besitzen in den USA Ministerien die Hoheit über die entsprechenden Reserven und nicht die US-Notenbank. Europäische Zentralbanken halten Währungsreserven in Form sicherer liquider Wertpapiere und Einlagen in Fremdwährung sowie Gold, um im Krisenfall stabilisierend eingreifen zu können und das Vertrauen vonseiten der Öffentlichkeit zu stärken. Da sich die führende Kryptowährung in den vergangenen Jahren als volatil erwiesen hat, grenzüberschreitender Handel auf Basis traditioneller Währungen erfolgt und der Bitcoin als Interventionsmedium am Devisenmarkt nicht geeignet ist, besteht für Zentralbanken kein sinnvoller Anreiz, die eigenen Währungsreserven für Kryptowährungen zu öffnen. Sofern die deutsche oder die europäische Politik – auf Basis welcher Motive auch immer – ein Interesse daran hat, eine staatliche Reserve zu etablieren, ist dies nicht die Aufgabe der Zentralbank, sondern der Finanzpolitik.
-- Sören Hettler