Chinas Konjunkturpaket: Viele Fragen sind noch offen

Auch die mit Spannung erwartete Stellungnahme des chinesischen Finanzministers bringt keine Klarheit über Umfang und Details des fiskalischen Teils der Konjunkturhilfen. Wahrscheinlich ist aber, dass das Wirtschaftswachstum nur einen temporären Schub erhält und 2025 weiter abbremst.
 

Ende September jagten sich tagelang Nachrichten aus China über ein ganzes Bündel an monetären und fiskalischen Konjunkturmaßnahmen, mit denen die Regierung die angeschlagene Wirtschaft beleben will. Ziel schien dabei, dass solch eine „konzertierte Aktion“ mehr bewirken kann als die Summe ihrer Einzelmaßnahmen. Auf den ersten Blick mag dies auch als gelungen gelten: Chinas lange schwächelnden Aktienmärkte jubilierten, das Kursfeuerwerk sorgte auch weltweit für Euphorie an den Börsen und konnte sogar erste konjunkturelle Stimmungsindikatoren positiv beeinflussen. Inzwischen macht sich jedoch eine gewisse Katerstimmung breit: Während die geldpolitischen Maßnahmen noch von der chinesischen Notenbank auf einer Pressekonferenz im Detail bekannt gegeben und inzwischen zum Teil bereits umgesetzt wurden, bleiben die Ankündigung zum Fiskalpaket von offizieller Seite im Vagen und Einzelheiten im Bereich der Spekulation. Auch die mit Spannung erwartete Stellungnahme des chinesischen Finanzministers Lan Fo‘an am vergangenen Wochenende (12.10.24) enttäuschte.

 

Viele Gerüchte rund um das Fiskalpaket

Bisherigen Gerüchten zufolge könnte das Fiskalpaket einen Umfang von 3 Billionen Yuan (~420 Mrd. USD) haben. Davon wäre ein Drittel der Mittel für die Rekapitalisierung der großen Staatsbanken gedacht und ein weiteres Drittel für die finanzielle Stärkung der überschuldeten Lokalregierungen. Eine Billion Yuan – nur! -sollte demnach den privaten Haushalten zur Stützung des Konsums zufließen. In seinem Statement am Samstag bestätigte Finanzminister Lan, dass das anstehende Maßnahmenpaket Finanzspritzen für Banken und Kommunen enthalten wird, vermied es allerdings, konkrete Summen zu nennen. Außerdem stellte er wie schon die Notenbank Hilfen für den krisengeschüttelten Immobiliensektor in Aussicht, schwerpunktmäßig Mittel zum Ausbau des kommunalen Wohnungskaufprogramms.

 

Dagegen kamen Transferzahlungen an private Haushalte in der Stellungnahme nur am Rande vor. Kein Wort beispielsweise zu den vorab kolportierten, großzügigen Kindergelderhöhungen für vier- und mehrköpfige Familien. Stattdessen hob Lan die erfolgten Hilfszahlungen für Bedürftige im Vorfeld der Oktoberfeiertage hervor und kündigte unspezifisch weitere Unterstützungen für Haushalte mit niedrigem Einkommen sowie für Studierende an. Umfang und Details der Fiskalmaßnahmen bleiben also weiterhin vage. Ob sie in den kommenden Wochen stärker ausbuchstabiert werden, bleibt fraglich. Allerdings ist davon auszugehen, dass wenn in nächster Zeit in China von Fiskalmaßnahmen die Rede ist, es sich dabei erst einmal nicht um zusätzliche Ausgabenprogramme handeln wird, sondern primär um die Konkretisierung des bereits geplanten Pakets.

 

Nur ein temporärer Wachstumsschub

Das Konjunkturpaket ist groß, aber nicht riesig. Umfassen die Fiskalgelder tatsächlich 3 Billionen Yuan, entspricht dies gut 2% der chinesischen Wirtschaftsleistung – mehr als China in den letzten Jahren an Konjunkturprogrammen aufgelegt hat. Vergleicht man es dagegen mit dem Fiskalpaket aus der Finanzkrise 2008/09, lagen die Ausgaben mit zum damaligen Zeitpunkt 14% des BIP in einer ganz anderen Größenordnung. Ernüchternd ist auch, dass der Staat letzlich plant, mit dem Hauptteil der geplanten Mittel vor allem sich selbst stützen (Staatsbanken, Lokalregierungen). Das mag zwar gut für die kurz- und mittelfristige Finanzstabilität sein, dürfte aber kaum Wachstumseffekte generieren. Auch die Hilfsmaßnahmen für den Immobilienkauf dürften zwar zu einer Stabilisierung des bereits stark geschrumpften Sektors beitragen, weniger jedoch eine Kehrtwende bewirken. Die Konsummaßnahmen schließlich dürften – je nachdem, wie hoch sie überhaupt ausfallen – höchstens für temporäre Kaufanreize sorgen, nicht jedoch die strukturelle Konsumschwäche des Landes beheben.

 

Damit dürfte das Konjunkturpaket zwar vorübergehend für ein etwas höheres Wirtschaftswachstum über das Winterhalbjahr sorgen. Die Dynamik dürfte aber bald wieder nachlassen. Wir haben unsere Wachstumsprognose für China unlängst entsprechend angepasst: Während das Wachstumsziel von 5% in diesem Jahr – vor allem dank der immer noch recht gut laufenden Exportkonjunktur – wohl knapp eingehalten wird, dürfte sich das Wachstum 2025 mit im Jahresdurchschnitt 4,5% weiter abschwächen.

 

-- Monika Boven