Biden zieht Kandidatur zurück: Befreiungsschlag für die Demokraten?

Die unmittelbare Reaktion der Finanzmärkte auf den Rückzug Bidens aus dem Rennen ums Weiße Haus fiel verhalten aus. Ob sich dies ändert und der zuletzt viel diskutierte „Trump Trade“ einen Dämpfer erfährt, dürfte insbesondere vom weiteren Vorgehen der Demokraten abhängen.
 


Der amtierende US-Präsident Joe Biden steigt aus dem Rennen um das Wohnrecht im Weißen Haus ab Januar 2025 aus. Während die Ankündigung für die US-Politik einen Paukenschlag darstellt, fiel die Reaktion an den Finanzmärkten überschaubar aus. Weder an den Renten- noch an den Devisenmärkten sind nennenswerte oder gar nachhaltige Bewegungen zu erkennen. Die Aktienmärkte starteten zwar weltweit überwiegend freundlich in die neue Woche. Ob dies auf Bidens Entscheidung zurückzuführen ist oder doch eher eine Gegenreaktion auf die signifikanten Kursverluste der vergangenen Handelstage darstellt, bleibt jedoch abzuwarten.

 

Noch ist unklar, welche genauen Auswirkungen die Ankündigung Bidens haben wird. Die Chancen der Demokraten, den künftigen Präsidenten zu stellen, dürften vor allem davon abhängen, wie sich die Partei in den nächsten Wochen präsentiert. Eine intensive Auseinandersetzung und öffentlicher Streit um Bidens Nachfolge im Präsidentschaftsrennen, würde die Chancen der Demokraten voraussichtlich schmälern. Schließlich bleiben nur noch wenige Monate bis zum Urnengang. Gelingt es hingegen, sich zügig auf eine Kandidatin oder einen Kandidaten festzulegen und die Reihen dahinter zu schließen, könnte sich der Rückzug Bidens als Befreiungsschlag für die Partei erweisen. Die Chancen Trumps auf einen Wahlsieg würden damit tendenziell sinken.

 

Aus Sicht der Finanzmärkte bedeuten die jüngsten Entwicklungen zunächst einmal „nur“ eine gewisse Unsicherheit. Spätestens nach dem Attentat auf den Republikanischen Kandidaten hatten sich Spekulationen intensiviert, wonach Trump die Koffer für das Weiße Haus schon einmal packen kann. Diese Einschätzung dürfte nun ein neues Fragezeichen bekommen haben. Sollte sich tatsächlich herauskristallisieren, dass die Demokraten wieder bessere Chancen haben, den künftigen Präsidenten zu stellen, könnte dies für die sogenannten „Trumpenomics“ und den zugehörigen „Trump Trade“ einen Dämpfer bedeuten.

 

Unter diesen Umständen wäre damit zu rechnen, dass an den Aktienmärkten Hoffnungen auf niedrigere Unternehmenssteuern sowie eine weniger strenge Regulierung zurückgeschraubt werden. Auf der anderen Seite dürfte die Furcht vor einer Eskalation der weltweiten Zollstreitigkeiten schwinden. Titel der „Old Economy“ in den USA bzw. mit ausgeprägten Aktivitäten in den USA, darunter Industrieunternehmen und Energiekonzerne mit Fokus auf fossile Energieträger, könnten tendenziell an Attraktivität einbüßen. Zuletzt hatte beispielsweise der Russel 2.000, ein US-Aktienindex, der kleinere US-Unternehmen umfasst, spürbar zugelegt. Branchen aus dem Bereich erneuerbare Energien könnten hingegen neue Hoffnung schöpfen.

 

Bei den Kryptowährungen hatten die verbesserten Chancen Trumps auf einen Wahlsieg in den letzten Tagen und Wochen für einen Kurssprung nach oben gesorgt. Diese Kursgewinne konnten Bitcoin & Co. auch nach der Ankündigung Bidens verteidigen. Offenbar setzen Marktteilnehmer hier weiterhin auf einen Sieg Trumps. Der ehemalige US-Präsident hat seine Einstellung zum Krypto-Markt in den letzten Jahren geändert und sich – anders als in seiner ersten Amtszeit – mehrfach positiv zu Kryptowährungen geäußert. Demnächst wird Trump sogar auf einer Bitcoin-Konferenz sprechen. Dies stärkt die Aussicht auf eine krypto-freundlichere Regulierung in den USA. Krypto-Anhänger hoffen zudem auf eine weitere Etablierung von Bitcoin & Co. als eigenständiges Marktsegment.

 

Auch der Goldpreis hatte zuletzt von der Aussicht auf einen möglichen Wahlsieg Trumps profitiert. Hintergrund ist die Furcht vor zunehmenden geopolitischen Spannungen, sollte Trump eine zweite Amtszeit antreten dürfen. Diese Sorge stützt die Nachfrage nach dem gelben Edelmetall als sicherem Hafen. Aktuell hat sich der Goldpreis auf hohem Niveau um 2.400 US-Dollar stabilisiert, nachdem Mitte Juli ein neues Allzeithoch bei über 2.480 US-Dollar verzeichnet wurde. Gewinnmitnahmen hatten hier jüngst zu einer leichten Korrektur beigetragen, während konkrete Auswirkungen der Ankündigung Bidens bislang nicht zu erkennen sind.

 

Nach der Entscheidung Bidens ist das Rennen ums Weiße Haus wieder offener geworden. Wenngleich die Kandidatenfrage bei den Demokraten noch ungeklärt ist, könnten die Finanzmärkte ihre jüngsten Trump Trades zumindest hinterfragen, was wohl eine gewisse Umkehr des Trends der letzten Wochen zur Folge hätte. Unmittelbar aus der Ruhe bringen lassen sich die Marktteilnehmer aber offensichtlich nicht.

 

-- DZ Research Team


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